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Granfondo-Album 2: Bergankunft (15.03.20)

Dieses zweite Granfondo-Album* befasst sich, wie schon das erste, mit einer besonderen Sorte, die mit den größten Erlebniswert und die reizvollsten Streckenprofile bietet – denn sie bildet eine "Königsdisziplin" des Straßenradsports in einem für jedermann geeigneten Format ab: Granfondos mit Bergankunft.

 

Eine Bergankunft ist ein besonderes, intensives Erlebnis, das lange in Erinnerung bleibt. Für mgf gehören die Bergankünfte fast ausnahmslos zu den Höhepunkten der "Hobbyfahrer-Karriere". Das hat sicher mit der hohen Belastung zu tun, die beim Überfahren des Zielstrichs schlagartig in Glücksgefühlen auflöst, statt bei einem flacheren Finale irgendwie langsam auszuklingen. Aber natürlich auch mit der oft atemberaubenden Kulisse, die Berge wie Stelvio, Drei Zinnen, Spluga oder Fedaia bieten.

Wenn dazu noch Zuschauer da sind, die am Berg bereitwilliger Motivation spenden, hebt all das zusammen eine Bergankunft emotional auf eine höhere Ebene, mit der eine flache Zielgerade kaum mithalten kann. Nicht umsonst sind Bergankünfte auch bei Profirennen die "Königsdiziplin", die mehr Geschichten und Legenden hervorbringt als ein Etappenziel im Tal. Einige dieser Legenden werden hier natürlich gewürdigt. Und viele Pässe haben auch eine interessante Geschichte abseits des Radsports. Dadurch wurde dieser Beitrag zwar etwas umfangreicher als sonst, aber durch die Aufteilung in einzelne Pässe ist die Lektüre ja auch in mehreren Etappen möglich - wie beim Giro d'Italia...

 

Die Grenze für die Aufnahme in dieses Granfondo-Album liegt bei 300 Höhenmetern für den Schlussanstieg, sonst würde die Liste zu lang. Denn mittlerweile enden viele Granfondos an einem Hügel. Als echte "Berg-ankunft" kann man die finalen Anstiege von Granfondo Sanremo-Sanremo, Granfondo Tre Valli Varesine, Gran Fondo Laigueglia u.a. jedoch nicht betrachten. Dagegen hätte es der Gran Fondo Il Lombardia 2018 in dieses Album geschafft, der Schlussanstieg nach Civiglio (4,2 km, 403 Hm, ø 9,7%) wird jedoch seit 2019 leider nicht mehr gefahren.

Die Sortierung der Berge erfolgte in absteigender Reihenfolge des "Profile Index" von Cyclingcols.com. Die angegebenen Werte gelten für die von den jeweiligen Granfondos befahrere Anstiegsvariante, die Profile wurden dazu teilweise "zurechtgeschnitten" oder ergänzt.

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Der kolumbianische Kletterkönig Nairo Quintana auf dem Weg zum Etappensieg am Blockhaus, beim Giro d'Italia 2017. Auch bei nicht ganz so perfekten Bedingungen sind Bergankünfte immer etwas Besonderes, für die Zuschauer und auch für die Profis. Die besondere Atmosphäre und Motivation der "Königsdisziplin" kann man auch als Nicht-Profi erleben – denn auch mancher Granfondo endet an einem Berg. Ein "arrivo in salita" am Hammer-Berg in den Abruzzen, der in derselben Top-Liga wie Zoncolan und Finestre spielt, ist zwar leider nicht im Angebot, aber doch einige andere, sehr attraktive Bergankünfte. [Bild: mgf]

 

* Im Format der Granfondo-Alben werden, als "Serie für Granfondo-Sammler", ausgewählte und interessante Veranstaltungen unter einem Titelthema gesammelt und beleuchtet – siehe Vorwort zum Granfondo-Album 1.

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Nachtrag 20.12.20: Granfondo-Profile wurden ergänzt.

 

 

Der karnische "Kaiser" Brutus

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Der Berg: Monte Zoncolan

1.735 m Meereshöhe, 9,9 km Anstieg, 1.200 Hm (ø 12.1%, max. 19.1%), Cyclingcols-Profil-Index 1582

Dieser etwas abgelegene Ski-Berg in den karnischen Alpen ist ein wahres Monster: Auf der Westseite beträgt die Durchschnittssteigung über fünf Kilometer 15,4 Prozent, das ist fast so steil wie an der Muro di Sormano, nur dass sich die steile Rampe am Monte Zoncolan dreimal so lange hinzieht! Kein Wunder, dass dieser mörderische Berg in Italien den Beinamen "Kaiser" erhalten hat – der deutsche Titel klingt in italienischen Ohren vermutlich angemessen brutal...

Der Zoncolan ist (nach dem Maßstab von Cyclingcols.com) der schwierigste Anstieg, der je bei einer "Grand Tour" gefahren wurde. Col du Galibier (Tour de France, incl. Col du Télégraphe 35 km und 2095 Hm, Index 1534) und Alto de l'Angliru (Vuelta a España, 13,1 km und 1260 Hm, Index 1424) spielen zwar in einer ähnlichen Liga, aber eine derart lange, extreme Rampe hat kein anderer Rundfahrt-Berg – auch nicht das Kitzbüheler Horn bei der Österreich-Rundfahrt, denn durch das Ziel am Alpenhaus reduziert sich dessen Index von 1580 auf 1148.

Vom Giro d'Italia wurde die Straße, die nahe am aussichtsreichen Gipfel des Monte Zoncolan vorbeiführt, bislang sechsmal befahren. Die Premiere 2003 sah Marco Pantani bei seinem letzten Giro auf Platz fünf. Der Premieren-Sieger Gilberto Simoni gewann auch die Zoncolan-Etappe 2007 und darf als bisher einziger Zweifachsieger als "il re del Kaiser" gelten – als "König des Kaisers".

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[Quelle: ©www.cyclingcols.com]

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Der Granfondo: Carnia Classic Extreme

Am letzten Sonntag im Juli (heuer am 26.07.2020), 87 km, 3.200 Hm, mgf-Härtegrad 5,4 [Granfondo 115 km, 2.900 Hm]

Diese Veranstaltung gibt es seit 2007, lange Jahre fand sie Ende August statt, seit 2019 (wieder) Ende Juli. Die schwierigste Strecke heißt hier nicht "Granfondo", sondern "Extreme" – und das trifft zumindest auf das Finale zu. Die absoluten Daten sehen zwar gar nicht mal so schlimm aus, aber 38% der Höhenmeter werden auf den letzten zehn Kilometern gemacht.

2020 ist die Streckenführung fast komplett neu: Start/Ziel ist nun in Villa Santina, sieben Kilometer westlich vom früheren Startort Tolmezzo. Die drei Varianten sind bis Ovaro (km 77) identisch. Die Teilnehmer der "Extreme" biegen hier links ab zum mörderischen Schlussanstieg. Nur vier Kilometer weiter folgt der nächste Abzweig, der "Granfondo" biegt links ab, auf eine Schleife mit 34 km und 900 Hm, während der "Mediofondo" geradeaus, nur noch sechs km bergab, zum Ziel führt. Obwohl die Teilnehmer der "Extreme" nach der Zielankunft noch 21 km Rückfahrt zum Startort absolvieren, hat der "Granfondo" sieben Kilometer mehr.

Die Siegerehrung findet für alle Strecken in Villa Santina statt. Für die Sieger am Zoncolan wird das vermutlich ein merkwürdiges Gefühl sein: Nach der Zielankunft an diesem Mörderberg, wahrscheinlich vor eher wenig Publikum, rollt man mit dem "Mediofondo" zurück in die Zivilisation, zur Pastaparty und Siegerehrung.

Für die Auffahrt am Zoncolan erfolgt auch eine gesonderte Wertung "il re del Kaiser". Mancher würde sich vielleicht gerne nur das Bergzetfahren absolvieren, aber eine Wertung erfolgt natürlich nur, wenn man vorher die Anfahrt bewältigt hat. Während man 2019 auf 101 km mit 2.300 Hm noch einen 25er Schnitt bringen musste, um sich am Zoncolan schinden zu dürfen, ist die Hürde 2020 niedriger: Für 77 km mit 2.000 Hm wird nur noch ein Schnitt von gut 19 km/h gefordert. Damit ist das Masochisten-Vergnügen nun einem größeren Kreis zugänglich...

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Frühes Meisterwerk des Straßenbaus

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Der Berg: Passo dello Spluga (Splügenpass)

2.114 m Meereshöhe, 30,2 km Anstieg, 1.788 Hm (ø 5,9%, max. 11,0%), Cyclingcols-Profil-Index 1293

Der Splügenpass ist ein uralter Übergang, der bereits von den Römern genutzt wurde. Bis in die Zeit des motorisierten Verkehrs war die kürzeste Verbindung zwischen Bodensee und Comer See einer der wichtigsten Alpenpässe, der erst mit dem Ausbau der Bahnstrecken über Gotthard und Brenner an Bedeutung verlor.

Die heutige Passstraße wurde (laut der meisten Quellen) 1822 fertiggestellt, der italienische Basisort Chiavenna feierte jedoch bereits 2019 das 200. Jubiläum, 1819 war die Südrampe offenbar bis zur Passhöhe im Rohbau fertig. Die Bauleitung hatte Carlo Donegani, der anschließend (bis 1825) auch die Straße über das Stilfser Joch baute. Damit ist der Spluga quasi der "ältere Bruder" des Stelvio!

Während sich die schweizer Nordseite nicht viel von anderen Alpenpässen abhebt, stellt der Mittelteil der italienischen Südseite mit der spektakulären Trasse durch viele Galerien, Tunnels und 49 Kehren ein einzigartiges Meisterwerk des Straßenbaus dar. Einige schöne Bilder des atemberaubenden Verlaufs sind bei www.gsalpi.com zu sehen. Mit fast 1.800 Höhenmetern ist die Spluga-Südrampe eine Herausforderung auf dem Niveau des Stilfserjochs, auch wenn zwei flache Abschnitte, vor Campodolcino und am Stausee, den Anstieg in drei Teile zerlegen.

In der Geschichte des Giro d'Italia hatte der Spluga bisher nur einen Auftritt, 1965 auf der 282 km langen Königsetappe über Furka-, St. Gotthard-, St. Bernhardino- und Splügenpass. Vittorio Adorni attackierte im rosa Trikot 30 km vor dem Ziel, mit dem Etappensieg machte der spätere Weltmeister (1968) seinen ersten und einzigen Giro-Gesamtsieg klar. Die spektakuläre Südrampe wurde 1965 nur in der Abfahrt befahren – und auf zwei Etappen verteilt, denn Madesimo, das Ziel der Königs-Etappe, liegt in einem vom Splügenpass abzweigenden Seitental.

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[Quelle: ©www.cyclingcols.com]

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Der Granfondo: Gran Fondo Internazionale Spluga Day 200

Am Sonntag, 20.09.2020, 75 km, 2.817 Hm, mgf-Härtegrad 4,7
[Kurzstrecke: 56 km, 2.057 Hm]

Dieser ganz neue Granfondo hat heuer Premiere. Als Testlauf fand 2019 ein reines Bergzeitfahren statt, mit dem das 200. Jubiläum des Baus der Spluga-Südrampe gefeiert wurde. 2020 sind es ein paar Kilometer mehr. Die "Granfondo"-Strecke unterscheidet sich von der Kurzstrecke nur durch einen zusätzlichen Abstecher nach Bodengo (1.036 m). Beide Varianten sind relativ kurz, Hauptattraktion ist jeweils der 30 Kilometer lange Schlussanstieg, das Vorspiel dient nur dazu, das Feld etwas zu entzerren. Die Zeitnahme erfolgt partiell, nur die Anstiege werden gewertet.

Da die lange Abfahrt vom Pass im September sehr kalt werden kann, empfiehlt es sich, den Materialservice des Veranstalters zu nutzen – auch wenn die Fahrt durch die Pasta-Party auf halber Höhe unterbrochen wird: 2019 lag die Temperatur mittags auf der Passhöhe, bei nasskaltem Wetter, nur knapp über Null! Ausrichter ist die GS Alpi, die auch für andere professionell organisierte Veranstaltungen wie den Gran Fondo Gavia & Mortirolo verantwortlich ist.

Auch wenn der Splügenpass weniger berühmt ist, steht er beim landschaftlichen Reiz und der Trassenführung fast auf einer Stufe mit dem Stilfserjoch. Bei dieser Veranstaltung kann man den spektakulären Pass verkehrsberuhigter befahren, als dies bei der Alpenchallenge möglich ist. Dieser kompakte Granfondo hat trotz des relativ geringen mgf-Härtegrads das Zeug zum "Halbklassiker"!

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Der "König der Alpenpässe"

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Der Berg: Passo dello Stelvio (Stilfserjoch)

2.757 m Meereshöhe, 21,2 km Anstieg, 1.556 Hm (ø 7,3%, max. 14,0%), Cyclingcols-Profil-Index 1190

Dieser berühmte Pass hat eine ebenso große Geschichte wie Höhe. Bereits im Jahr 1825 wurde die Straße auf der meisterhaften, heute immer noch genutzten Trasse angelegt, die auf der Ostseite 48 Kehren aufweist (40 auf der Westseite). Über ein Jahrhundert lang, bis 1936, war das Stilfserjoch der höchste Alpenpass.** Wie bei den meisten noch aus Zeiten der Pferdekutschen stammenden Bergstraßen bewegen sich die Steigungen durchweg in einem erträglichen Bereich, die wirklich steilen und harten Rampen schufen die Straßenbauer erst nach Erfindung des Automobils...

Der Anstieg von Bormio auf den Stelvio hat schon alles, was man sich von einem Pass nur wünschen kann: lange Steigung ohne allzu große Schwankungen, viele Höhenmeter, eine grandiose Landschaft und Trassenführung, oben raus eine super Aussicht. Aber in allen Kriterien ist der klassische Stelvio-Anstieg auf der Ostseite von Prad noch besser: 24,8 km, 1.846 Hm, ø 7,4%, max. 12,0%, Cyclingcols-Profil-Index 1456, eine schwindlig machende Zahl von Kehren, dazu noch eine lange, reiche Geschichte – in Summe ein würdiger König aller Alpenpässe!

Der Giro d'Italia fuhr bei der Premiere 1953 auch von Prad aufs Stilfserjoch, diese Etappe übertraf alle Erwartungen: Fausto Coppi holte mit einer taktischen und sportlichen Meisterleistung Bergpreis, Etappen- und Gesamtsieg. Mit fünf Giro- und zwei Tour-Gesamtsiegen war er damals der mit Abstand beste Grand-Tour-Fahrer. Nach Coppis frühem Tod schrieb der Giro einen Sonderpreis aus, für den ersten Fahrer auf der "Cima Coppi", dem jeweils höchste Berg der Rundfahrt.

Wenn er dabei ist, bildet der Stelvio als heute zweithöchster Alpenpass** immer die Cima Coppi des Giro. Erster Gewinner des Sonderpreises war Graziano Battistini, 1965 am Stelvio. Damals nötigte ein Lawinenabgang die Fahrer zum Fußmarsch, in späteren Jahren musste der Stelvio viermal kurzfristig vom Streckenplan gestrichen werden. Der Giro fuhr siebenmal von Prad aufs Stilfserjoch, fünfmal von Bormio, davon je zweimal als Bergankunft. Bei der jüngsten Bergankunft siegte Thomas de Gendt, 2012 auf der Westseite, bei der letzten Giro-Etappe, die über den Stelvio führte, Vincenzo Nibali, 2017. Mehr Giro-Geschichte im Granfondo-Album 3.

** Hinweis: Der höchste (als normale Straße ausgebaute) Alpenpass ist seit 1936 der 2.764 m hohe Col de l’Iseran. Die Cime de la Bonette (2.802 m) wird zwar oft als höchster "Pass" genannt, ist jedoch nur eine touristische Ringstraße ohne verkehrstechnische Bedeutung, sie beginnt und endet am Col de la Bonette (2.715 m), der nach dem Colle dell’Agnello (2.744 m) heute der vierthöchste Alpenpass ist.

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[Quelle: ©www.cyclingcols.com]

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Der Granfondo: Granfondo Stelvio Santini

Am 1. Sonntag im Juni (heuer am 07.06.2020), 151 km, 4.058 Hm, mgf-Härtegrad 7,8 [Medio Fondo: 138 km, 3.053 Hm, Kurzstrecke: 60 km, 1.950 Hm]

Die Premiere dieses Granfondo fand 2012 statt, schon bald nach der spektakulären vorletzten Etappe des Giro d'Italia, 127 km waren identisch, einschließlich des Schlussanstiegs von Bormio aus. Inzwischen gehört der Granfondo mit dem "König der Alpenpässe" zu den zehn größten Veranstaltungen in Italien, unter den hier vorgestellten Granfondos mit Bergankunft ist er der mit Abstand größte.

Alle Teilnehmer kommen in den Genuss der größten Attraktion: alle drei Strecken enden auf dem Stilfserjoch, danach muss man nur noch bergab rollen, zur Pasta-Party in Bormio. Damit man dabei nicht friert, wird ein Materialservice angeboten. Außerdem gibt es noch weitere Besonderheiten: Das offizielle Granfondo-Trikot ist während des Wettbewerbs zu tragen (weshalb sich zwei Dinge empfehlen). Zudem erfolgt die Zeitnahme partiell, nur in den Anstiegen. Das entspannt die Abfahrten, bevorzugt allerdings die reinen Kletterer – aber um eine gute Plazierung geht es den meisten Granfondo-Teilnehmern ja sowieso nicht.

Neben dem Stelvio enthält die Langstrecke mit dem Passo del Mortirolo einen weiteren mythischen Berg – der allerdings nicht auf dem klassischen Anstieg von Mazzo gefahren wird, sondern wie die Giro-Etappe 2012, von Tovo di Sant'Agata, nicht bis zu eigentlichen Passhöhe. Aber auch diese Mortirolo-Variante ist äußerst hart: Der steilste Kilometer kurz vor der Bergwertung ist mit 16,5 Prozent sogar steiler, zuvor kann man auf einem Flachstück kurz verschnaufen (von Mazzo her gibt's das nicht). Hier wird man vor dem Finale schon mal "vorgekocht"...

Eine kleine Unsicherheit bei diesem Granfondo stellt ausgerechnet seine größte Attraktion dar: Am Stelvio kann auch im Sommer noch Schnee fallen. Zuletzt war dies 2019 der Fall, statt auf dem Stilfserjoch endete der Granfondo an den Laghi di Cancano (Torri di Fraele), auf nur 1938 Metern Höhe, mit zwei flachen Kilometern Schotter zum Schluss. Heuer, am 28.05.2020, endet hier auch die 18. Giro-Etappe, die vorher über das Stilfserjoch führt, von der klassischen Ostseite. Hoffentlich ist das Wetter im Mai 2020 besser, als im Juni 2019...

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[das vom Veranstalter übernommene Profil enthält leider einige Fehler]

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Sackgasse vor Traumkulisse

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Der Berg: Tre Cime di Lavaredo, Rifugio Auronzo

2.357 m Meereshöhe, 13,6 km Anstieg, 954 Hm (ø 7,0%, max. 16,0%), Cyclingcols-Profil-Index ca. 930 (ab Schluderbach)

Die Drei Zinnen sind fast so berühmt wie das Matterhorn, beide spielen eine große Rolle in der Bergsteigergeschichte und beide wurden in Form von Nahrungsmitteln verewigt: das Matterhorn als Toblerone-Schokolade, die Drei Zinnen als Dolomiti-Eis. In der Radsportgeschichte liegen jedoch eindeutig die Drei Zinnen vorn (auch wenn Breuil/Cervinia, am Fuß des Matterhorns, mehrfach Giro-Etappenziel war).

Die am Rifugio Auronzo, fast direkt am Fuß der Drei Zinnen endende Touristen-Straße (Panoramabild siehe Beitrag "Carpe diem!") wurde zur Erschließung des Bergsport-Gebiets gebaut und ist für motorisierte Fahrzeuge mautpflichtig, Radler dürfen (noch?) ohne Obolus passieren. Der Anstieg ist relativ kurz, aber heftig: die letzten vier Kilometer haben eine Durchschnittssteigung von 12,2 Prozent, ein Kilometer gar 14,1% – bis zur Entdeckung des Mortirolo war dies die schlimmste Rampe, die der Giro zu bieten hatte!

Bei der Premiere 1967 ließen sich fast alle Fahrer von Zuschauern schieben oder von Begleitfahrzeugen ziehen, was zur Anullierung der "Etappe des Ehrverlustes" führte. Ein Jahr später deklassierte der junge Eddy Merckx die Konkurrenz mit einer legendären Attacke, der nach seiner eigenen Einschätzung "besten Leistung seines Lebens in den Bergen". Die übrigen (nur) fünf Giro-Bergankünfte an den Drei Zinnen wurden von Kletterern dominiert: Fuente, Breu, Herrera, Ricco, zuletzt siegte 2013 Vincenzo Nibali, wie Merckx im Schneetreiben – die Tre Cime liefern fast immer spektakuläre Bilder, auch wenn die Sonne mal nicht scheint.

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[Quelle: ©www.cyclingcols.com, modifiziert]

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Der Granfondo: Haute Route Dolomites (nur 2020?)

Etappenrennen, Cortina d’Ampezzo 12.-14.06.2020
2. Etappe am 13.06.2020: 95 km, 3.300 Hm, mgf-Härtegrad 5,7

Nachdem 3epic 2018 leider zum letzten Mal stattfand, gibt es derzeit nur noch eine Granfondo-ähnliche Veranstaltung, bei der man die epische Bergankunft am Refugio Auronzo in einem Wettbewerb erleben kann: Das mehrtägige Etappenrennen "Haute Route Dolomites", das mit wechselnder Streckenführung und Dauer von einem schweizer Veranstalter seit 2014 angeboten wird.

2020 beginnen und enden alle drei Etappen im noblen Cortina d’Ampezzo, Transfers und Hotelwechsel sind nicht nötig. Die Zeitnahme endet bei allen drei Etappen mit einer Bergankunft, danach folgt eine neutralisierte Rückfahrt auf eigener Achse ins "Haute Route Village" zur Pasta-Party. Auf den ersten Blick wirkt das Konzept schön kompakt, absolut schlüssig und attraktiv für Pässe-Liebhaber. Auf den zweiten Blick entdeckt man zwei Mankos: Erstens ist die Strecke laut Reglement zwar abgesichert, aber nicht für den sonstigen Verkehr gesperrt, die StVO während des gesamten Rennens zu beachten. Langsame Fahrer werden sich eventuell relativ bald außerhalb des abgesicherten Bereichs befinden.

Zweitens erscheinen 749 Euro Teilnahmegebühr bei dem gebotenen Gegenwert ziemlich happig! In den 250 Euro pro Etappe ist nichts enthalten, was es anderswo nicht für erheblich weniger Geld gibt. Materialservice und Fotos vom Profi sind frei, Kost und Logis im Hotel müssen dagegen separat bezahlt werden. "Haute Route" bedeutet anscheinend auch "Haute Prix"! Diesen Luxus leisteten sich in den letzten Jahren nicht viele, 2019 waren es nur 304 Teilnehmer. Die günstigere Variante "Compact course" kostet immer noch 599 Euro, dafür muss man aber auf die prestigeträchtigste Bergankunft verzichten: Statt an den Drei Zinnen endet die zweite Etappe schon an der Passhöhe des Falzárego.

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Der Berg des Engels

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Der Berg: Monte Bondone

1.654 m Meereshöhe, 16,4 km Anstieg, 1219 Hm (ø 7,4%, max. 11,0%), Cyclingcols-Profil-Index ca. 915

Der Hausberg von Trento/Trient spielt etwa in derselben Liga wie der Monte Grappa, auch am Monte Bondone gibt es mehrere Wege zum Gipfel. Am beliebtesten ist der klassische Anstieg von Trento (19,4 km, 1459 Hm, ø 7,5%, max. 11,0%, Index 1133). Die hier präsentierte Variante des Granfondos ist etwas leichter, aber die letzten neun Kilometer bis zum Gipfel sind identisch.

Bekannt wurde der Anstieg durch die 18. Etappe des Giro d'Italia 1956, die von Meran über Rolle, Gobbera und Brocon führte und nach 242 km am Monte Bondone auf 1.300 Metern Höhe endete, im Dorf Vaneze. Ein heftiger Wintereinbruch machte die Königsetappe zum apokalyptischen Ritt, gegen den die oft zitierte, extreme Gavia-Etappe 1988 ein Kindergeburtstag war, 43 von 86 Fahrern gaben auf! Im Chaos aus Schnee und Eis siegte Charly Gaul, der völlig entkräftet mit fast acht Minuten Vorsprung ins Ziel kam und das rosa Trikot eroberte, obwohl er vor dem Start noch 16 Minuten zurückgelegen hatte! Heute wird Gauls epischer Höllenritt am Monte Bondone durch mehrere Tafeln gewürdigt.

Der "Engel der Berge", wie der jungenhafte Luxemburger auch genannt wurde, war einer der besten Kletterer der Radsportgeschichte, der in den Bergen ähnlich dominierte wie später Pantani (wenn auch mit einem anderen Stil) und 1958 die Tour de France sowie 1959 einen zweiten Giro gewann (letzteren ebenfalls auf einer epischen Etappe). Der Monte Bondone wurde später noch weitere elfmal vom Giro d'Italia befahren (zuletzt siegte Ivan Basso 2006 bei einer Bergankunft), heuer ist er mit einer neuen Variante (von Aldeno im Südosten) Teil der 18. Etappe von Bassano del Grappa nach Madonna di Campiglio.

Eine wichtigere Rolle spielt der Monte Bondone im Motorsport: Trento-Bondone ist das älteste (seit 1925) und längste (17,3 km) Bergrennen in Europa. Das Rennen nutzt die klassische Nordseite und genießt im Bergrennsport mindestens dasselbe Renomee wie Milano-Sanremo im Radsport.

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[Quelle: ©www.cyclingcols.com, modifiziert/ergänzt]

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Der Granfondo: La Leggendaria Charly Gaul

Am 1. Sonntag im Juni (heuer am 12.07.2020), 141 km, 4.000 Hm, mgf-Härtegrad 7,5 [Medifondo 57 km, 2.000 Hm]

Die Premiere war 2006, nur rund ein halbes Jahr nach dem Ableben Charly Gauls. Ein nach dem luxemburgischen Ausnahme-Kletterer benannter Granfondo kann wegen der legendären 18. Etappe des Giro d'Italia 1956 natürlich nur am Monte Bondone stattfinden. Dass man nur rund vier Kilometer des Schlussanstiegs von 1956 fährt und das Ziel weiter oben liegt, stört dabei niemand. Die gewählte Strecke verbindet Praktikabilität mit der Erinnerung an einen außergewöhnlichen Fahrer, und die Veranstalter können sowieso keine Neuauflage von 1956 bieten, damals gab es am Bondone teilweise noch keinen Asphalt...

Dieser Granfondo ist einer von nur zwei in Italien, die zur "UCI Gran Fondo World Series" zählen, der andere ist der Granfondo Tre Valli Varesine. Bei diesen Granfondos kann man sich mit einer guten Plazierung für die "UCI Gran Fondo World Championships" qualifizieren.

Bei der UCI gehört offenbar immer ein Einzelzeitfahren zu einem World-Series-Granfondo, deshalb kann man auch in Trento einsam gegen die Uhr kämpfen, am Freitag, zwei Tage vor dem Massenstart. Mit 1542 Finishern 2019 plaziert sich La Leggendaria Charly Gaul unter den Top-20-Veranstaltungen in Italien.

Und am Samstag kann man eine lockere Runde fahren – wenn man das passende Zweit- oder Drittrad dafür mitbringt: "La Moserissima" (benannt nach dem Trientiner Franceso Moser) ist eine historische Ausfahrt, im Stil von L'Eroica, zu der nur "Stahlrösser" bis 1987 zugelassen sind.

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Ein Dolomiten-Klassiker

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Der Berg: Passo Valparola

2.192 m Meereshöhe
von Südost (Profil links): 17,1 km Anstieg, 993 Hm (ø 5,8%, max. 10,0%), Cyclingcols-Profil-Index 630 (3. Etappe)
von Nord (Profil rechts): 14,3 km Anstieg, 763 Hm (ø 5,4%, max. 11,0%), Cyclingcols-Profil-Index 520 (1. Etappe)

Der Passo Valparola hat eine lange Geschichte – oder besser sein naher Bruder, der Passo Falzárego, der fast die kompletten Südost- und Südwest-Rampen des Valparola liefert. Der Falzárego wurde als einer der ersten Dolomitenpässe für den Touristenverkehr ausgebaut: Bereits 1909 wurde die "Große Dolomitenstraße" vollendet, die von Bozen über Karerpass, Passo Pordoi und Passo Falzárego nach Cortina d’Ampezzo führt. Kurz darauf verlief hier im 1. Weltkrieg die Dolomitenfront, an die vernarbte Berge, restaurierte Stellungen und ein Museum erinnern.

Der Giro d'Italia befuhr den Passo Falzárego erst ab 1940, ab den 80er Jahren seltener, bis heute insgesamt 22mal. Der Falzárego ist mit großen Erfolgen Fausto Coppis verbunden, er gewann drei Bergpreise und fünf Etappen über diesen Pass. Den ersten Bergpreis am Falzárego gewann Gino Bartali, der 1940 mit Coppi im Schlepp attackierte und seinem Teamkollegen mit der Zweier-Flucht über Pordoi und Sella den ersten Giro-Gesamtsieg sicherte. Der Plan von Legnano-Teamchef Pavesi war aufgegangen, er hatte vorab beim Hüttenwirt am Falzárego zwei Flaschen voll Kaffee bestellt, "für die ersten beiden Fahrer"...

Während am Passo Falzárego Giro-Geschichte geschrieben wurde, stand sein naher, 83 Meter höherer Nachbar lange im Schatten. Der Passo Valparola wurde erst ab 1976 vom Giro befahren, bis heute siebenmal, und spielte dabei meist keine Rolle im Kampf um den Sieg. Nur 2016, als der Giro die Strecke der Maratona dles Dolomites übernahm, war der Valparola erstmals der letzte Pass, prompt erfolgte hier dann auch eine Vorentscheidung: Etappensieger Esteban Chaves und Steven Kruijswijk, der in Corvara das rosa Trikot übernahm, konnten sich vor der Passhöhe vom Rest der Favoritengruppe absetzen, den Bergpreis holte Darwin Atapuma.

Wie alle "alten" Pässe sind Valparola und Falzárego nicht allzu steil, ihre Trassen fügen sich harmonisch in die Landschaft ein. Solche "einfachen" Pässen haben heute bei Radrennen auch eine "touristische" Funktion, wie die 14. Etappe des Giro 2016 bei traumhaftem Wetter zeigte: Im oberen Bereich bieten Falzárego und Valparola eine grandiose Aussicht über die Dolomiten, bis hin zur vergletscherten Marmolada, das Fernsehen lieferte perfekte Werbung für die Urlaubsregion.

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[Quelle: ©www.cyclingcols.com]

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Der Granfondo: Haute Route Dolomites (nur 2020?)

Etappenrennen, Cortina d’Ampezzo 12.-14.06.2020
1. Etappe am 12.06.2020: 97 km, 3.300 Hm (Profil unten), mgf-Härtegrad 5,7
3. Etappe am 14.06.2020: 17,5 km, 1.000 Hm, mgf-Härtegrad 1,4

Das Pässe-Duo Valparola-Falzárego spielt bei jeder der drei Etappen des bereits weiter oben beschriebenen Etappenrennens Haute Route Dolomites eine Rolle: jede der drei Seiten wird mindestens einmal gezeitet befahren. Schlussanstieg der 1. Etappe ist die Nordseite des Passo Valparola. Die schwierigste Variante ist jedoch die Südostseite, von Cortina aus, die ab Pocol (knapp 12 km vor der Passhöhe) auch bei der Maratona dles Dolomites befahren wird. Haute Route nutzt den kompletten Anstieg für ein abschließendes Bergzeitfahren (3. Etappe).

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Bei der Variante "Compact course" endet die 2. Etappe am Passo Falzárego, von Südwest: 2.109 m Meereshöhe, 9,4 km Anstieg, 606 Hm (ø 6,4%, max. 9,0%), Cyclingcols-Profil-Index ca. 375 – einen gleichmäßigeren Pass gibt es kaum!

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[Quelle: ©www.cyclingcols.com, modifiziert]

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Triumph und Tragödie am Piratenberg

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Der Berg: Madonna di Campiglio

1514 m Meereshöhe, 13,0 km Anstieg, 739 Hm (ø 5,7%, max. 9,0%),
Cyclingcols-Profil-Index ca. 455

Der Anstieg nach Madonna di Campiglio ist identisch mit der Südseite des Passo di Campo Carlo Magno (1682 m), der landschaftlich schön, jedoch nicht sonderlich schwer ist. Auch kann Madonna di Campiglio keine lange Giro-Historie bieten, erst dreimal erschien der Skiort nördlich des Gardasees auf dem Streckenplan des Giro: 1999, 2015 – und heuer wieder, als Ziel der 17. Etappe am 27.05.2020.

Das Spezielle dieses Orts ist die Geschichte abseits der Strecke, vom Giro d'Italia 1999: Marco Pantani hatte, nach dem "Giro-Tour-Double" 1998, den Giro erneut dominiert und drei Etappen mit Bergankünften gewonnen (Gran Sasso, Oropa, Alpe di Pampeago) – mit einer Überlegenheit, die sprachlos machte. Auch auf der 20. Etappe nach Madonna di Campiglio attackierte er am Fuß des Schlussanstiegs, nach dem Sieg war ihm mit 5:38 Minuten Vorsprung das rosa Trikot praktisch sicher.

Am nächsten Morgen jedoch gab es für den "Piraten" ein böses Erwachen: sein Hämatokritwert lag mit 52% über dem Limit, er wurde "zur eigenen Sicherheit" suspendiert, der zweite Girosieg war dahin. Der Bluttest war in der Zeit vor dem EPO-Nachweis ein Notbehelf, über Sinn und Grenzwerte wurde viel gestritten, als Langläufer wäre Pantani mit 52% gerade so "sauber" gewesen. Und noch viele Jahre wurde über eine Manipulation des Bluttests spekuliert.

Traurig ist das Nachspiel von Madonna di Campiglio: Pantani wurde von Presse und Justiz regelrecht verfolgt, geriet aus der Spur und fand nie wieder zur alten Stärke zurück, auch wenn ihm noch der eine oder andere Sieg glückte. Das Leben des einst gefeierten Bergkönigs endete am 14.02.2004 einsam, in einem Hotelzimmer, durch eine Überdosis Drogen. Heute wird er von vielen als Märtyrer hingestellt, auch in Madonna di Campiglio – manchmal aus Überzeugung, oft aber sicher auch, weil man so mit dem "Piraten"-Mythos mehr Geld verdienen kann...

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[Quelle: ©www.cyclingcols.com, modifiziert]

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Der Granfondo: Top Dolomites Granfondo

Am 1. Sonntag im September (heuer am 06.09.2020), 136 km, ca. 2.800 Hm, mgf-Härtegrad 6,2 [Medio Fondo: 98 km, 2.000 Hm]

Der offizielle Name der Veranstaltung ist "Top Dolomites Granfondo – Madonna di Campiglio - North Lake Garda". Der Granfondo, der 2020 erst zum dritten Mal stattfindet, weist ein sehr ungewöhnliches Höhenprofil auf: Der Start/Zielort Madonna di Campiglio bildet mit 1.550 Meter den höchsten Punkt, es geht runter bis auf 65 Meter, die dazwischen gefahrenen Pässe liegen auf max. 1.000 Meter. So kommen viele Höhenmeter zusammen, die jedoch in tieferen Lagen gesammelt werden. Deshalb besteht trotz des späten Termins Anfang September (anders als etwa am Stelvio im Sommer) kaum Gefahr eines Wintereinbruchs.

Ausländische Starter ohne UCI-Lizenz sind (ebenso wie italienische "Ciclosportivi") nur für den kürzeren Mediofondo zugelassen, der die Schleife runter bis nach Riva am Gardasee (65 m) auslässt und seinen tiefsten Punkt auf 392 m hat. Die Route beinhaltet einige hin-und-zurück-Passagen, echten Gegenverkehr wird man auf der Strecke aber wohl nur beim Granfondo in der Nähe des Umkehrpunktes haben.

Für "Cicloturisti" und Vintage-Räder wird eine 45 km lange Kurzstrecke angeboten, außerdem an den beiden Tagen vor dem Granfondo je eine Gruppenausfahrt. Das Rahmenprogramm der Ausfahrt am Freitag, die über den nach Marco Pantani benanntem Radweg zwischen Pinzolo und Madonna di Campiglio führt, widmet sich der Erinnerung an "il Pirata".

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Der Alte in den bleichen Bergen

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Der Berg: San Martino di Castrozza (Passo Rolle)

2.035 m Meereshöhe, 13,2 km Anstieg, 737 Hm (ø 5,6%, max. 8,2%),
Cyclingcols-Profil-Index ca. 450

Über den Passo Rolle führt eine der ältesten Straßen in den Dolomiten, die Trasse wurde zwischen 1820 und 1872 in mehreren Stufen ausgebaut. Damals gehörte das südlich der Passhöhe gelegene Val Cismon noch zu Österreich – und die Dolomiten trugen im Sprachgebrauch noch ihren alten Namen, sie wurden bis nach dem 2. Weltkrieg "Monti pallidi" genannt, die "bleichen Berge".

Auch beim Giro d'Italia war der Passo Rolle einer der ersten Pässe – zumindest der erste Dolomitenpass. Bei der Premiere 1937 attackierte Gino Bartali am Rolle, baute den Vorsprung am Karerpass aus, erreichte Meran mit fast sechs Minuten Vorsprung und sicherte sich den zweiten Giro-Gesamtsieg. Auch sein drittes rosa Trikot 1946 "gewann" er am Passo Rolle, indem er die finale Attacke von Fausto Coppi parierte. Bartali, schon früh "il Vecchio" (der Alte) genannt, ist mit vier Bergpreisen der am Rolle erfolgreichste Fahrer. Den letzten holte er 1949, mit Coppi am Hinterrad, der die Etappe über Rolle, Pordoi, Campolongo und Grödnerjoch schließlich mit 7 Min. Vorsprung gewann und so einen Grundstein für den späteren Gesamtsieg legte. Seit 2014 steht am Passo Rolle ein Bartali gewidmetes Denkmal. [Nachtrag 11.06.20]

Insgesamt wurde der Passo Rolle vom Giro 24mal befahren (meist von Süden) und obwohl er nach Ende der 70er Jahre nur noch sechsmal im Streckenplan stand, ist er einer der beliebtesten Giro-Pässe, nur Passo Pordoi (40mal) und Passo del Tonale (28mal) wurden öfter befahren. 1962 gab es die einzige Bergankunft am Rolle, die jedoch so nicht geplant war: Eigentlich sollte die 14. Etappe danach noch über Passo Valles und Pellegrino gehen, aber am ersten Berg, der Forcella Staulanza, schlug ein eisiger Schneesturm zu. 57 von 109 Fahrern gaben auf, Charly Gaul (!) redete vom Sterben. Die Jury verlegte das Ziel vor, es siegte Vincenzo Meco.

Beim Giro 2019 spielte der Passo Rolle eine Doppel-Rolle: Zuerst mit der Südrampe bei der Bergankunft in San Martino di Castrozza (wie bei TOUR Transalp 2020, siehe rechts), die Etappe gewann Esteban Chaves. Dann mit der Nordwestrampe, als vorletzter Berg der folgenden 20. Etappe, die die Route des Sportful Dolomiti Race kopierte, bevor sie am Monte Avena bei Feltre endete.

Landschaftlich am beeindruckendsten ist der obere Teil der Südrampe, mit vielen Kehren und der nahen Pala-Gruppe mit dem die Szenerie dominierenden spitzen Cimon della Pala. Die Passhöhe selbst ist arg verbaut (u.a. mit zwei Kasernen der Guardia di finanza) und ziemlich flach, aber man kann nicht immer alles haben...

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[Quelle: ©www.cyclingcols.com, modifiziert]

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Der Granfondo: TOUR Transalp "Schnuppertage"
(nur 2020)

Etappenrennen, Bruneck-Arco, 21. und 22.06.2020, 2. Etappe: 124 km, 3.078 Hm, mgf-Härtegrad 6,2 [1. Etappe: 58 km, 1.835 Hm]

Das Etappenrennen ist zwar kein richtiger Granfondo, aber seit 2017 gibt es auch die Möglichkeit, an den "Schnuppertagen" nur eine oder zwei Etappen zu fahren – und diese näher am Granfondo-Format liegende Option ist heuer erstmals eine rein italienische Angelegenheit. Wer die Bergankunft der zweiten Etappe erleben will, muss beide Tage buchen (der zweite Tag alleine geht leider nicht).

Die Streckenführung der einwöchigen Jedermann-Rundfahrt ist (wie bei den großen Vorbildern) jedes Jahr anders, Bergankünfte sind eher selten, da die als Etappenziele gewählten, großen Touristenorte meist im Tal liegen. Eine neutralisierte Abfahrt nach einer Bergankunft, wie bei Haute Route Dolomites, gab es bei der TOUR Transalp bisher noch nicht. Daher dürfte sich die Gelegenheit für eine Bergankunft an den "Schnuppertagen" wohl so schnell nicht wieder bieten.

Die zweite Etappe ist auch sonst reiz- und anspruchsvoll: Mit dem Pässe-Duo Valparola und Falzárego wird ein weiterer Dolomiten-Klassiker befahren, dazu mit Forcella Aurine und Passo Cereda zwei weniger bekannte, kleinere Übergänge. Einen Wermutstropfen hat die zweite Etappe allerdings: Durch das Ziel in San Martino di Castrozza entgeht einem der zweite, landschaftlich viel schönere Abschnitt des Passo Rolle. Die Teilnehmer der TOUR Transalp dürfen diesen Teil zwar am Folgetag genießen, aber da sollte der "Schnupperer" schon daheim sein.

Der Anspruch der "Schnuppertage" liegt ziemlich genau auf dem Niveau der Mittel-Strecke der Maratona dles Dolomites, plus Warmfahren auf der Sellaronda am Vortag, Höhenprofil siehe Beitrag "Transalp Itaiana". Das "Einsteigerpaket" der professionell organisierten TOUR Transalp ist damit für ein ziemlich breites Publikum interessant und auch preislich attraktiv: In 180 Euro für zwei Tage ist u.a. die Rückreise von San Martino nach Bruneck, dem Startort der ersten Etappe, enthalten. Die Möglichkeit einer günstigen Übernachtung im Transalp-Camp (Turnhalle) gibt es für "Schnupperer" offenbar leider nicht..

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Der Berg epischer Giro- und Tour-Soli

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Der Berg: Sestriere

2.035 m Meereshöhe, 11,3 km Anstieg, 694 Hm (ø 6,1%, max. 9,2%),
Cyclingcols-Profil-Index 431

Dieser Anstieg ist der bei Giro (22x) und Tour (7x) am häufigsten gefahrene. Er ist zwar nicht allzu schwer, endet jedoch in einem großen Skiort, der die erforderliche Infrastruktur und Sponsorgelder für eine Etappenankunft garantiert. Das erst 1934 gegründete Sestriere ist vor allem durch alpine Skiwettbewerbe bekannt, war aber auch Schauplatz vieler spektakulärer Szenen der Radsport-Geschichte:

Sestriere war 1911 der zweite Berg der Giro-Geschichte (1. Colle della Tenda). Beim brutalen Giro 1914 war der Pass Höhepunkt der 1. Etappe Milano-Cuneo (420 km), der "härtesten Etappe in der Geschichte" (Pier Bergonzi in "100 volte Giro", 2017). Der spätere Etappensieger Angelo Gremo erreichte Sestriere nach zwölf Stunden Fahrt durch Regen, Schlamm, Hagel und Schnee als Erster. Ins Etappenziel kamen nur 37 von 81 Startern, ins Rundfahrtziel Mailand am Ende gar nur acht!

1949 war Sestriere letzter Berg der legendärsten Giro-Etappe aller Zeiten: Fausto Coppi lieferte mit seinem 192-km-Solo auf der 17. Etappe Cuneo-Pinerolo über fünf Pässe den Beweis, dass er der wohl größte Radsportler aller Zeiten war. In Sestriere lag er sieben Minuten vor Gino Bartali, der auf den französischen Pässen die Tour de France des Vorjahrs dominiert hatte, im Ziel fast zwölf Minuten.

Bei der Tour de France 1952 feierte Coppi einen Etappensieg in Sestriere, ebenfalls nach einer frühen Attacke, am Galibier, 80 km vor dem Ziel. Dort kam er mit sieben Minuten Vorsprung an. 1952 gelang dem Campionissimo, wie schon 1949 und als erstem Radsportler überhaupt, das "Double" aus Giro und Tour.

Eine von vielen weiteren spektakulären Episoden lieferte die 13. Etappe der Tour de France 1992: Claudio Chiappucci attackierte im Stil von Coppi, 192 km vor dem Ziel! In Sestriere siegte "El Diablo" mit 1:45 Minuten Vorsprung, in Paris holte er das Bergtrikot und Platz zwei hinter Miguel Indurain. Das Husarenstück des stets offensiv agierenden Carrera-Kapitäns (in diesem Rennstall fuhr 1992-1996 auch Pantani) auf italienischem Boden begeisterte die zahlreichen "Tifosi"!

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[Quelle: ©www.cyclingcols.com, modifiziert]

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Der Granfondo: Gran Fondo Sestriere Colle delle Finestre

Am 3. Sonntag im Juli (heuer am 19.07.2020), 122 km, 3.400 Hm, mgf-Härtegrad 6,4 [Medio Fondo: 97 km, 2.600 Hm]

Von 2015 bis 2017 hieß die Veranstaltung noch "La Marmotte Sestriere – Colle delle Finestre" und wurde vom RCS Active Team, einem Ableger des Giro-Veranstalters, organisiert. Die Veranstaltung wäre eines Gran Fondo Giro d'Italia würdig gewesen, fand aber 2015 nicht zeitnah zur 20. Giro-Etappe, sondern erst im August statt. Zur Premiere kamen über 3.000 Teilnehmer, 2016 weniger als Tausend, 2017 folgte eine Absage wegen "höherer Gewalt".

Seit 2018 führt eine lokale Organisation den Granfondo unter leicht verändertem Namen fort, mit deutlich über 1.000 Teilnehmern. 2019 wurde die Streckenführung leicht verbessert: Der Start erfolgt nun nicht mehr in Sestriere, sondern ein Stück weiter unten am Berg aus Richtung Turin. Dadurch wird die früher (bis 2018) nötige Neutralisierung der Abfahrt von Sestriere nach Cesana Torinese vermieden, die Strecke mit Zeitnahme verlängert sich von 107 auf 122 km.

Beim Granfondo werden beide klassischen Anstiege nach Sestriere gefahren, seit 2019 auch "Coppis Seite" bergauf (bis 2018 fuhr man hier nur runter). Höhepunkt und Unsicherheitsfaktor zugleich ist bei dieser Veranstaltung der zweite Pass im Titel: Die acht Kilometer lange Naturpiste aus Schotter und Lehm am Colle delle Finestre verschlechtert sich mit jedem Winter und wird jeweils nur vor einer Giro-Durchfahrt wieder richtig hergerichtet – was zuletzt 2018 der Fall war. Zumindest in den Jahren ohne Giro sollte man lieber mit einem Cross- oder Gravel-Rad antreten. Die Naturstraße fordert zudem, auch frisch präpariert, etwas Konzentration für die Wahl der besten Fahrspur, insbesondere bei feuchter Piste.

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Der Granfondo-Höhepunkt: Colle delle Finestre

2.176 m Meereshöhe, 18,2 km Anstieg, 1.692 Hm (ø 9,3%, max. 14,2%), Cyclingcols-Profil-Index 1577

Dieser Pass hat dasselbe Kaliber wie der Stelvio – und die letzten acht Kilometer sind dazu noch Naturstraße! Vom Giro wurde er erst 2005 entdeckt, als Etappenziel bot sich das nahe Sestriere an. Die 20. Etappe 2005 war ein Thriller: Bereits vor der "strada biancha" attackierten Rujano, Di Luca und Simoni den Gesamtführenden Savoldelli, auf der Passhöhe fuhr Simoni virtuell im rosa Trikot. Danach konnte "il Falcone" jedoch seine Abfahrtskunst ausspielen, in Sestriere hatte Paolo Savoldelli den Giro-Sieg mit nur 28 Sekunden Vorsprung gerettet. Genau zehn Jahre später gab es ein ähnliches Szenario, Alberto Contador holte seinen zweiten Giro-Sieg (nach seiner Rechnung, incl. der Aberkennung 2011, war es der dritte).

Profil siehe Granfondo-Album 3.

Tipp für Abenteurer: In der weiteren Umgebung von Sestriere gibt es neben dem Colle delle Finestre noch viel mehr spektakuläre Schotterpisten, die zu alten Forts führen oder weit nach oben: Das Hochplateau am Colle Sommeiler ist mit 3009 m vermutlich derzeit der höchste anfahrbare Punkt in den Alpen! Manch andere, noch weiter nach oben führende Piste ist in den letzten Jahrzehnten leider verfallen. Und selbst für die heute noch befahrbaren Routen ist ein MTB das geeignetere Gefährt...

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Der Berg des Supergau anno 1949

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Der Berg: Superga

675 m Meereshöhe, 9,0 km Anstieg, 355 Hm (ø 3,9%, max. 9,2%),
Cyclingcols-Profil-Index ca. 140

Auf dem Gipfel der Superga, dem Hausberg von Turin, steht eine große Wallfahrts-Basilika, die am 4. Mai 1949 zum Schauplatz einer nationalen Katastrophe wurde. Bei dichtem Nebel streifte ein Flugzeug im Landeanflug auf Turin die Kirche, beim Absturz kamen alle 31 Insassen ums Leben. An Bord war die alles überragende Fußballmannschaft der ersten Nachkriegsjahre: "Il Grande Torino", die Elf des AC Turin, damals fast identisch mit der italienischen Nationalmannschaft, war seit über 90 Spielen daheim unbesiegt. Die Katastrophe versetzte das ganze Land in Schock, der zwei Wochen später startende Giro d'Italia trauerte mit der Nation.

Direkte Verbindung zum Radsport hat die Superga durch das Profirennen Mailand-Turin, das für sich beansprucht, das "älteste Radrennen der Welt" zu sein (das heute noch existiert). Es wurde erstmals 1876 veranstaltet, danach aber erst 1894 wieder (drei Jahre nach Paris–Brest–Paris und Bordeaux–Paris), auch später gab es einige Pausen und daher erst 2019 die 100. Ausgabe. Mit der jüngsten Reaktivierung 2012 erfolgte eine Aufwertung des Traditionsanstiegs, indem man das Ziel aus der Stadt an die Basilika verlegte.

Die aktuelle Strecke von Milano-Torino (179 km, ca. 1.300 Hm, mgf-Härtegrad 7,5) führt nicht über den hier präsentierten, einfacheren, etwas unrhythmischen Anstieg, sondern von der anderen Seite auf den Berg, die Westrampe ist kürzer und erheblich steiler (4,9 km, 445 Hm, ø 9,1%, max. 14%). Kurz vor der Basilika biegen die Profis rechts ab und fahren eine zusätzliche 20-km-Runde, die Superga ist daher zweimal zu fahren. Rekordsieger (5x) von Milano-Torino ist Costante Girardengo, der erste "Campionissimo" Italiens. Einziger deutscher Sieger: Rolf Gölz, 1988 und 1989.

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[Design-Vorlage: ©www.cyclingcols.com]

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Der Granfondo: Granfondo Internazionale Torino

Am 1. Sonntag im Mai (heuer am 03.05.2020), 121 km, 2.380 Hm, mgf-Härtegrad 5,4 [Medio Fondo: 90 km, 1.950 Hm]

Seit der Premiere 2015 fand der Granfondo meist Anfang September statt, erst 2019 rückte er in den Juli vor, nun noch weiter auf Anfang Mai. Die Strecke ist zwar kürzer als das Profirennen, sammelt im Hügelland südlich von Turin jedoch rund 1.000 Höhenmeter mehr!

Auch an der Superga nimmt der Granfondo eine andere Route: Nach einer ersten Beinahe-Überfahrt auf der Südwestseite der Superga, kurz nach dem Start, kommt er nach der hügeligen Schleife zurück zum Schlussanstieg, der über die wellige Abfahrt der Profis auf den Berg führt, nur die letzten 600 Meter zur Basilika sind auch in der Richtung identisch mit Milano-Torino. Das Zeitlimit für die Langstrecke ist relativ sportlich, auf den ersten 51 Kilometern mit knapp 1.000 Höhenmetern wird ein 24er Schnitt verlangt.

Eine malerische Szenerie bietet nicht nur das Ziel an der Basilika, sondern auch der Start an einer mittelalterlichen Festung inmitten eines großen Parks. Dort findet am Freitag vor dem Granfondo ein "Criterium al Parco del Valentino" statt (mit leider unbekannten Teilnahmebedingungen). Ausrichter des Granfondos ist die GS Alpi, die auch für andere professionell organisierte Veranstaltungen wie den Gran Fondo Gavia & Mortirolo verantwortlich ist.

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Weitere Granfondos mit Bergankunft:

Radmarathons, die an einem Berg enden, gibt es natürlich nicht nur in Italien. Einige Veranstaltungen im angrenzenden Alpenraum (F-A-CH) werden hier kurz vorgestellt. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, auch hier erfolgte die Sortierung in absteigender Reihenfolge des "Profile Index" bei Cyclingcols.com.

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Bis ans (ehemals) ewige Eis

 

Der Hammer kommt zum Schluss

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Der Granfondo: Kaunertaler Gletscherkaiser XXL

Am Sonntag, 14.06.2020, 122 km und 4.000 Hm, mgf-Härtegrad 7,1

Weil der Startort Feichten schon in der Sackgasse zum Gletscher liegt, führt die Route zuerst talauswärts und nach einer Schleife über Imst und Landeck wieder zurück, bevor es an die "höchste Bergankunft Österreichs" geht. Im Schlussanstieg kann man sich zwischendurch etwas erholen, auf fünf flachen Kilometern am Stausee, bevor es auf den letzten 12 km richtig zur Sache geht.

Der Berg: Kaunertaler Gletscherstraße (Weißsee-Ferner, 2.750 m), 34,2 km Anstieg, 1.742 Hm (ø 5,1%, max. 13,6%), Cyclingcols-Profil-Index 1357

Die Mautstraße wurde für eines der größten Wasserkraftwerke Österreichs gebaut, sie führt zum zweitgrößten Gletscher des Landes und bietet bei Start in Prutz die größte Höhendifferenz in Österreich: 1966 Höhenmeter am Stück.

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Der Granfondo: Kitzbüheler Radmarathon

Am Sonntag, 05.07.2020, 216 km und 4.600 Hm, mgf-Härtegrad 10,0

Diese Veranstaltung feiert heuer Premiere, Im Rahmenprogramm der Österreich-Rundfahrt – siehe Granfondo-Album 1. Nach 200 km Anfahrt ist ein Anstieg wie das Kitzbüheler Horn brutal, am Schluss werden wohl viele schieben müssen.

Der Berg: Kitzbüheler Horn (bis zum Alpenhaus, 1.670 m), 7,1 km Anstieg, 865 Hm (ø 12,2%, max. 17,3%), Cyclingcols-Profil-Index ca. 1150

Die Mautstraße ist zwar nicht der härteste Anstieg Österreichs, aber der extremste der Österreich-Rundfahrt, deren Finale er in den letzten Jahren oft bildete. Dank der guten Erreichbarkeit und des noblen Skiorts als Sponsor wurde dieser Berg quasi zur "Alpe d'Austria", Höhenprofil siehe Granfondo-Album 1.

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Die Königsetappe

 

Bündner Feinkost

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Der Granfondo: Marmotte Granfondo Alpes

Am Sonntag, 05.07.2020, 174 km, 5.000 Hm, mgf-Härtegrad 9,4

Einer der größten und anspruchsvollsten Granfondo-Klassiker, dessen Strecke bei jeder Tour de France für die Königsetappe gut wäre. Alternative ist die zweitägige RTF "La Rando des Marmottes" auf derselben Strecke, über den Col du Glandon und den majestätischen Col du Galibier. Die früher angebotene "Halbetappe" ab Valloire gibt es nicht mehr, dafür jetzt am Freitag ein Bergzeitfahren. Ziel ist bei allen drei Veranstaltungen die berühmteste Bergankunft der Tour de France.

Der Berg: Alpe d'Huez (1.804 m), 13,4 km Anstieg, 1.082 Hm (ø 8,1%, max. 13,0%), Cyclingcols-Profil-Index ca. 945

Die 21 Kehren symbolisieren den "Mythos Tour" der jüngeren Geschichte. Die Alpe stand bisher 30mal im Streckenplan, 1952 gewann Fausto Coppi, seit 1976 schlägt hier das Herz der Frankreichrundfahrt, nirgends ist der "Zirkus" größer!

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Der Granfondo: Alpen-Challenge

Am Sonntag, 14. Juni 2020, 191,3 km, 4.473 Hm, mgf-Härtegrad 9,3

Premiere dieses Radmarathons war 2000, damals noch mit dem Berninapass. Die heutige Strecke enthält im Wesentlichen nur zwei Berge – aber das sind mit Albula- und Splügenpass zwei Hochkaräter, die jeweils von der härteren Seite gefahren werden und durch eine grandiose Berglandschaft führen, in der man Meisterwerke des Straßen- und Bahntrassenbaus bestaunen kann. Der Schlussanstieg ist relativ harmlos, selbst wenn man die Wellen ab Thusis dazurechnen würde.

Der Berg: Lantsch/Lenz (1.415 m), 7,1 km Anstieg, 564 Hm (ø 7,9%, max. 10,8%), Cyclingcols-Profil-Index ca. 465

Der Anstieg nach Lenz/Lenzerheide hat keinen Eintrag in "Denzels Großem Alpen-straßenführer", da er kein echter Alpenpass ist. Seit 2018 sind Start und Ziel der Alpen-Challenge am selben Ort, der Biathlon Arena Lenzerheide.

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Einmal rund um das "Dach Europas"

 

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Der Granfondo: Tour du Mont Blanc

Am Samstag, 18.07.2020, 330 km, 8.000 Hm, mgf-Härtegrad 16,3

Den krönenden Abschluss dieser Liste bildet der mit Abstand härteste Granfondo in Europa (heftiger geht es ohne speziellen Leistungsnachweis nur bei Randonneès). Die Runde hat was sehr Klassisches: Auf dem kürzesten Weg einmal rund um das "Dach Europas" – dabei werden sieben Pässe in drei Ländern überquert, inklusive Großem und Kleinem St. Bernhard. Einen schön geschriebenen Erfahrungsbericht gibt es beim Magazin RennRad. Die Teilnahme ist auch als Zweier-Staffel möglich, mit Ablösung am Großen St. Bernhard.

Kaum zu glauben: Auch ein Profi-Rennen führte schon mal rund um den Mont Blanc! Die 21. Etappe des Giro d'Italia 1959 von Aosta nach Courmayeur ging über 296 km, entgegen der Tour du Mont Blanc. Col de Saisies und Cormet de Roselend wurden westlich umgangen, über Albertville und Moûtiers. Charly Gaul gewann die arktische Etappe mit 10 Min. vor Jacques Anquetil – und damit seinen 2. Giro.

Der Berg: Col de Saisies (1.656 m), 9,8 km Anstieg, 616 Hm (ø 6,3%, max. 9,4%), Cyclingcols-Profil-Index ca. 410

Im Finale zeigt sich der härteste Granfondo Europas gnädig, er endet ziemlich unspektakulär an einem relativ einfachen Pass, der es zu keinem eigenständigen Eintrag in "Denzels Großem Alpenstraßenführer" gebracht hat.

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Hinweise:

Die Originale der Höhenprofile und weitere Infos, auch zu Varianten, sind auf www.cyclingcols.com (Prädikat: "besonders wertvoll") zu finden. Herzlichen Dank an Michiel van Lonkhuyzen für die freundliche Erlaubnis zur Verwendung!

Beim oben angegebenen mgf-Härtegrad erhält eine virtuelle Referenzstrecke mit 200 km und 5.000 Höhenmetern den Härtegrad 10. Flache 200 km erhalten, ebenso wie 100 km mit 2.500 Hm, den Härtegrad 5.

Quellen für die allgemeinen Informationen zu den Pässen und deren Geschichte waren u.a. Wikipedia und Denzels Großer Alpenstraßenführer. Der 624 Seiten dicke Schmöker erlebte trotz der vielen im www angebotenen Pässe-Seiten 2019 seine 27. Ausgabe! Schön, dass diese Institution in Buchform immer noch existiert. Das "international bewährte Standardwerk für sportlich-touristisch eingestellte Auto- und Zweiradfahrer" beschreibt rund 700 Pässe bzw. Hochpunkte. Das klassische Offline-Lesevergnügen zum fürstlichen Preis (49,90 Euro) leisten sich heutzutage aber wohl nur noch echte "Bücherwürmer".

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Zum Schluss: Drei Tipps für den Schlussanstieg

 

1. Kraft-Einteilung:

Eine Bergankunft hat den Vorteil, dass die "Pacing-Strategie" sehr einfach ausfällt. Man muss keine Reserven mehr übrig lassen, um eine Abfahrt sicher zu bewältigen oder danach noch weitere, eventuell wellige Kilometer schaffen zu können. Bis zum Ende des Anstiegs kann man definitiv "alles raushauen, was drin ist" – selbst wenn man hinter der Ziellinie vom Rad fallen sollte. An einer Bergankunft können auch Fahrer, die sich ihre Kräfte sonst lieber sorgsam einteilen und daher fast immer mit Reserven ins Ziel kommen, den "Tank" mal komplett leeren (hoffentlich, ohne dasselbe mit dem Magen zu tun). Das befriedigende Gefühl einer solchen "Punktlandung" stellt sich bei einem flachen Finale viel seltener ein.

Wer zu Krämpfen neigt, hat einen weiteren Vorteil: Da Krämpfe oft erst nach Abnahme der Belastung richtig akut werden, entfällt die Sorge, dass auf dem weiteren Weg zum Ziel noch Krämpfe kommen könnten. Und falls sie am Gipfel kommen, ist ja sicher erste Hilfe in der Nähe...

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2. Streckenprofil am Rad:

Bei der besseren Einteilung der Kräfte am Schlussanstieg, insbesondere wenn dieser lang oder ungleichmäßig ist, kann ein Streckenprofil am Rad helfen – ähnlich wie eine Kompakt-Strecken-Info das für den gesamten Granfondo tun kann. Wer sich aus dem Höhenprofil des Finalanstiegs einen hochformatigen Aufkleber für das Oberrohr bastelt, muss sich die Details des Steigungsverlaufs nicht bis zum Finale merken.

Ein Beispiel hierfür, für den Passo Valparola von Südost (Bild rechts):

  • Die erste 8%-Rampe kurz nach dem Start sollte man mit etwas Reserve angehen, denn auf den anschließenden Kilometern kann man sich nicht gleich wieder ausruhen. Dies gilt insbesondere für Fahrer, die eine Weile brauchen, um ihren Rhythmus zu finden und dazu neigen, am Beginn zu überziehen.
     
  • Die Strategie für das Flachstück hängt vom Fahrertyp ab. Ein Bergfloh wird schon vorher nach einem Rouleur Ausschau halten, in dessen Windschatten er ab Kilometer 8,6 Kraft sparen kann und evtl. einen Zwischenspurt riskieren, um das "Andockmanöver" rechtzeitig zu schaffen – und der Rouleur wird vielleicht versuchen, genau das zu verhindern...
     
  • Wer merkt, dass die Strecke ab Kilometer 14,5 schleichend flacher wird, sollte wissen, dass der härteste Kilometer erst ganz am Schluss kommt und sich dafür noch ein paar Körner sparen. Wer stur nach Powermeter fährt, wird sich über solche Details aber vermutlich keine Gedanken machen.

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3. Materialservice:

Bei manchen Veranstaltungen kann man vor dem Start einen Beutel mit Wechsel-Klamotten abgeben, den man nach der Berg-Ankunft zurück erhält. Wer diesen Service nutzt, sollte daran denken, dass alle Klamotten per Rad zurück zum Startort transportiert werden müssen. Ein einfacher Rucksack mit zwei Riemen (statt eines Umhänge-Beutels mit nur einem Riemen) macht die Abfahrt sicherer. Wenn man länger am Ziel bleiben möchte, kann ein zweites Paar geh-tauglichere Schuhe sinnvoll sein.

Falls der Veranstalter keinen Materialservice anbietet, kann man sich evtl. auch selbst helfen, mit einer (Trainings-) Fahrt zum Schlussanstieg. Wenn man im Rifugio auf der Passhöhe einen guten Eindruck (und Umsatz) macht, sollte das Einrichten eines Material-Depots eigentlich drin sein...
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Den Überblick im Finale verbessert ein Steigungsprofil auf dem Oberrohr. Durch die Farben sieht man auf den ersten Bilck, wo man sich etwas ausruhen kann und wo es zur Sache gehen wird...

 

 

 

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Sind Bergankünfte weniger "haltbar"?

Auch wenn ihre Zahl in den letzten Jahren wieder zugenommen hat, sind Granfondos mit Bergankunft eher selten – und möglicherweise sind sie auch weniger "haltbar". Die von mgf erstellte Liste der leider nicht mehr existenten Veranstaltungen enthält merkwürdig viele Granfondos mit Bergankunft: 3epic (Drei Zinnen, 2016 bis 2018), Gran Fondo Giro d’Italia (Fedaia, 2008), Gran Fondo Alpi Biellesi (Oropa, 2015 bis 2017), Endura Alpen-Traum (Sulden, 2013 bis 2015).

Weil die Liste natürlich auch die Vorlieben von mgf widerspiegelt, ist sie aber sicherlich nicht repräsentativ. Bestimmt sind auch einige schöne Granfondos ohne Bergankunft eingeschlafen, die nicht durch das "Radar" von mgf erfasst wurden. Dennoch gilt unverändert: man kann Granfondos nur fahren, solange es sie gibt – also lieber früher als später. Und lieber eine Bergankunft zuviel als eine zuwenig!

 

 

 

 

 

 

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