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Der "Giro dei Granfondi" (29.05.23)
Wie in fast jedem Jahr berührte die Streckenführung des Giro d'Italia, der gestern zu Ende ging, auch heuer wieder die Routen mehrerer Granfondos. Zwar folgte keine der 21 Etappen exakt einer Granfondo-Strecke, so wie dies zuletzt 2020 der Fall war. Aber es lohnt dennoch, sich ausgewählte Granfondos entlang der Giro-Route genauer anzuschauen. Denn es gibt immer wieder Neues zu entdecken..
Die Vorstellung der hier betrachteten sieben Granfondos folgt der Reihenfolge der zugehörigen Giro-Etappen. Wie beim Giro d'Italia werden viele Regionen Italiens besucht, sogar ein Abstecher in die Schweiz ist dabei. Die getroffene Auswahl ist subjektiv und möglicherweise nicht ganz vollständig, vielleicht gab es heuer auch noch Überschneidungen des Giro mit weiteren Granfondos. Für eine 100%-Recherche fehlte leider die nötige Zeit – und ein Stück weit auch die Motivation...
7. Etappe: Bike Marathon Gran Sasso
> Meist 2. Sonntag im Juni, heuer am 11.06.2023, 135 km, 3.000 Hm, mgf-Härtegrad 6,4 [Mediofondo 110 km, 2.164 Hm]
Die Bergankunft am Gran Sasso lieferte traumhafte Panorama-Bilder und machte Lust darauf, die Abruzzen selbst mit dem Rad zu erkunden. Eine Gelegenheit dazu bietet der Bike Marathon Gran Sasso, der 2018 Premiere hatte und heuer in der 5. Auflage stattfindet. Die letzten 55 km der Giro-Etappe bis zur Bergankunft sind identisch mit der Strecke des Granfondos.
Das Ziel des Bike Marathons ist im Tal, im Startort Fonte Cerreto. 10 Kilometer des letzten Anstiegs werden hin/zurück gefahren. Im Rennbetrieb dürfte das schwierig zu organisieren sein, zumindest ist eine gezeitete Abfahrt mit Gegenverkehr und/oder Rechtsfahrgebot kritisch zu sehen. Eine Bergankunft am Gran Sasso würde den Reiz des Granfondos nach Überzeugung von mgf erheblich steigern (nicht nur, weil dann ein Eintrag im Granfondo-Album 2 möglich gewesen wäre). Die Veranstaltung arbeitet mit "ChampionChip" Transponder und Netto-Zeitnahme.
Gut 50 km entfernt vom Gran Sasso liegt das Blockhaus, ein noch berühmterer Giro-Berg, an dem einst Eddy Merckx bei seinem Grand-Tour-Debüt die Konkurrenz düpierte. Über diesen Anstieg führt der Blockhaus Marathon (ohne Bergankunft, aber auch ohne echten Gegenverkehr), ein weiterer Granfondos in der Region ist der Gran Fondo Città dell'Aquila. Die Region Abbruzzen bietet damit gute Voraussetzungen für ein kleines Berg-Trainingslager mit einem Granfondo im Rahmenprogramm, für das sich die weite Anreise lohnt!
9. Etappe: Granfondo Nove Colli
> Normalerweise am vorletzten Sonntag im Mai, verschoben auf 24.09.2023, 194 km, 3.880 Hm, mgf-Härtegrad 8,7 [Mediofondo 130 km, 1.871 Hm] Profil und mehr Informationen siehe Granfondo-Album 5
Der älteste Granfondo der Welt lässt sich aufgrund des Termins Ende Mai meist gut mit dem Besuch einer Giro-Etappe verbinden – wenn man nicht nur für die Nove Colli nach Cesenatico kommt, sondern Zeit für (mindestens) eine Woche Trainingslager hat. Eine Woche vor dem Granfondo-Termin führte das Einzelzeitfahren von Savignano sul Rubicone nach Cesena – und nahe an Cesenatico vorbei, die erste Zwischenzeit wurde bei Gatteo a Mare genommen. Etappensieger Remco Evenepoel holte sich das rosa Trikot zurück (wenn auch nicht ganz so souverän, wie er es sich beim Auftakt-Zeitfahren geholt hatte).
Nach dem Zeitfahren gab es mehrere Hiobsbotschaften. Am Montag verließ der Gesamt-Führende und Top-Favorit den Giro nach einem positiven Corona-Test. Am Mittwoch, einen Tag, nachdem der Giro die Emiglia Romagna verlassen hatte, wurde dort der Katastrophenfall ausgerufen. Heftiger Dauerregen führte überall in der Gegend zu Überschwemmungen, sogar Todesfälle waren zu beklagen.
In einer Region im Ausnahmezustand, bei 250 verzeichneten Erdrutschen in der Emiglia Romagna, mit Poiizei- und Rettungskräften im Dauereinsatz, konnte der Granfondo natürlich nicht stattfinden. Wie im Corona-Jahr 2021 wurde der Granfondo Nove Colli auf den Herbst verschoben. Selbst wenn alle Straßen am 21. Mai wieder befahrbar gewesen wären, macht ein Radsportfest keinen Sinn, wenn Funktionäre und Helfer existenzielle Sorgen haben. Und sicher waren auch viele Teilnehmer betroffen: Wer heuer – wie der Autor dieser Zeilen früher viele Jahre lang – die Nove Colli mit einem Trainingslager an die Adria verbinden wollte, für den fielen viele Touren buchstäblich ins Wasser. Derart schweren, tagelangen Regen hat der Verfasser in der Romagna nie erlebt, das Wetter war am Ostrand der Apenninen stets kalkulierbar und ein halber Tag trockenes Radfahren war immer möglich.
Heuer gibt es beim Granfondo Nove Colli erstmals seit 1995 eine echte Streckenänderung: Der Gorolo als letzter, harter Anstieg entfällt, stattdessen klettert man vom Uso-Tal mit moderater Steigung nach Sogliano hoch und fährt gleich wieder ins Rubicone-Tal ab. Diese Route ist landschaftlich reizvoller, die stufige Abfahrt über Borghi, mit ein paar Wellen und unübersichtichen, teils zumachenden Kurven entfällt.
Auch im flachen Finale wurde die Strecke geändert, hinter Savignano werden mehr Nebenstraßen genutzt, um den Autoverkehr durch die Straßensperrungen weniger zu beeinträchtigen. Der Mediofondo folgt ab Sogliano ebenfalls der neuen Route. Die Änderungen sind für mgf eine gelungene Neuerung, auch wenn die neue Strecke etwas einfacher ist. Aber der Grundcharakter dieser Veranstaltung hat sich auch nach 50 Jahren "Brevetto Appennino" (Untertitel der Premiere 1971) nicht geändert – auch knapp unter 200 Kilometer sind immer noch sehr anspruchsvoll.
12. Etappe: Granfondo Bra Bra FENIX
> Meist am letzten Sonntag im April (heuer am 30.04.2023), 149 km, 2.250 Hm, mgf-Härtegrad 6,0 [Mediofondo 94 km, 1.689 Hm] Profil (bis 2022) und mehr Informationen siehe Granfondo-Album 4
Die 12. Etappe des Giro führte von Bra (bei Cuneo) nach Rivoli (einem westlichen Vorort von Turin). Der Zielort Rivoli ist seit 2022 auch das Ziel des Traditions-Rennens Mailand-Turin. Während der Granfondo Internazionale Torino keine Gemeinsamkeit mit der Giro-Etappe 2023 hatte, waren immerhin etwa 30 Kilometer der Giro-Etappe identisch mit der Strecke des im Startort Bra veranstalteten Granfondos: neben den ersten 21 Kilometer, bis nach dem ersten Hügel, zwei weitere kurze Teilstücke, auf denen der Giro die Granfondo-Strecke jeweils kreuzte.
Bis 2021 hieß diese Veranstaltung noch "Granfondo Bra Bra Specialized", 2022 übergangsweise "Bra Bra Specialized - FENIX Grand Prix". Ab 2023 wurde der Name nun auf "Bra Bra FENIX" verkürzt, der Radhersteller erscheint noch als Co-Sponsor im Logo des Granfondos. An mancher Stelle der etwas nachlässig gepflegten Website heißt die Veranstaltung auch mal "FENIX Bra Bra Specialized" oder "Bra Bra Fenix Langhe Monferrato Rorero" (die drei Piemonteser Weinbau-Gebiete, seit 2014 "UNESCO-Weltkulturerbe", sind Co-Sponsor). Und verschiedentlich ist in aktuellen Dokumenten noch das Jahr 2022 zu finden.
Die Streckenplanung macht ebenfalls einen leicht chaotischen Eindruck. 2022 gab es einen Monat vor dem Start noch Streckenänderungen: Der Granfondo wurde auf 149 km und 2.250 Hm reduziert (bisher 159 km und 2.625 Hm, mgf-Härtegrad 6,6), darunter gibt es nur noch einen ebenfalls verkürzten Mediofondo (bisher 108 km, 1.980 Hm), die Kurzstrecke (bisher 66 km, 1.088 Hm) entfiel. Aber dieser Granfondo ist mit der Reduzierung der Anforderungen nicht alleine.
Geändert wurde die Strecke im Mittelteil (ohne das offizielle Streckenprofil anzupassen) und vor allem im Finale. Hier wurden statt eines längeren Abstechers in moderate Hügel ein paar kurze Rampen eingebaut. Darunter befindet sich die “Mur d’ La Mura” – 2,28 km mit 253 Hm, die ersten 1,5 km haben 12,5 Prozent Durchschnittsteigung. Für den Titel "Mauer der Mauern" reicht das nicht aus, der gebührt immer noch der Muro di Sormano, auch wegen ihrer Renngeschichte.
Die 30. Ausgabe sollte heuer groß gefeiert werden. Leider war für den Sonntag heftiger Regen vorhergesagt, deshalb wurde der Granfondo gestrichen und alle 1.017 verbliebenen Teilnehmer auf die 94 km des Mediofondo geschickt, die Zeitnahme startete erst bei km 9, am Fuß des ersten Anstiegs. Schade, dass die Jubiläumsfeier zumindest auf der Straße ins Wasser fiel.
13. Etappe: Tour des Stations
> Meist 1. Samstag im August, heuer am 05.08.2023 (2. Samstag nur, wenn der erste der Nationalfeiertag ist),
Ultrafondo 242 km, 8.848 Hm, mgf-Härtegrad 14,9 [Granfondo 129 km, 2.100 Hm]
Die Bergetappe nach Crans Montana im Wallis wies zwei kleine Gemeinsamkeiten mit der Tour des Stations auf: Ein paar Kilometer des Giro-Schlussanstiegs waren Teil der "Ultrafondo"-Strecke und der Col de la Croix de Coeur, Schlussanstieg der Tour des Stations, wurde vom Giro in der Gegenrichtung gefahren. Vor dem Giro d'Italia wurden nun auch noch die fehlenden 4 km im Mittelteil der schmalen Bergstraße, nach Tzoumaz, asphaltiert (die oberen 5 km waren, anders als auf Eurosport behauptet, schon vorher geteert).
Während die Giro-Etappe wegen schlechten Wetters am Großen Sankt Bernhard Pass auf nur 73 km verkürzt wurde, können bei der Tour des Stations an einem Tag die Höhenmeter des Mount Everest gesammelt werden (242 km, 8.848 Hm, mgf-Härtegrad 14,9 und Bergfaktor 7,3). Die Tour du Mont Blanc hat "nur" 8.000 Hm, jedoch 88 km mehr und erreicht mgf-Härtegrad 16,3 – dennoch darf man streiten, welche der beiden sich fast berührenden Strecken härter ist.
Während bei der Tour du Mont Blanc die meisten Höhenmeter an langen, gleichmäßigen Pässen gesammelt werden und die Umrundung des höchsten Alpenmassivs motivierend wirkt, kann die Tour des Stations mit elf größeren Anstiegen, manchmal unrythmischen, steilen Rampen und der Aneinanderreihung der vielen Ski-Ressorts an den Hängen des Rhônetals, ohne große Pässenamen, die Teilnehmer sehr viel mehr zermürben.
Wer das Wallis der Drei-Länder-Runde um das "Dach Europas" vorzieht, sollte ein paar Tage länger bleiben, auch wenn Urlaub in der Schweiz teuer ist. Vom Rhônetal aus bieten sich einige ruhige Sackgassen zum Einrollen an, etwa der Col du Santesch mit prächtigen Ausblicken (ab Sion 27,2 km und 1.835 Hm, cyclingcols-Index 1423!).
Übrigens gibt es 2023 in den Tagen vor der Tour des Stations auch noch zwei Zusatzangebote für Extremisten: Bei der Randonée "Ultimate555" sind 555 km und 17.000 Hm zu bezwingen (Max-Zeit 70 Stunden), nach einem Vorgeplänkel Richtung Genfer See ist fast die komplette Ultrafondostrecke zu bewältigen. Die Strecke von "Ultimate1000" mit 1.000 km und 26.000 Hm (Max-Zeit 120 Stunden) unterscheidet sich mehr von der Tour des Stations, hier wird eine richtig große Pässe-Tour gefahren, u.a. mit Großer Scheidegg, Susten, Gotthard und Furka. Bestimmt werden sich je 100 Teilnehmer finden, die sich das antun wollen...
15. Etappe: BGY Airport Granfondo
> Meist 1. Sonntag im Mai (manchmal 2.), heuer am 12.05.2023, 162 km, 3.050 Hm, mgf-Härtegrad 7,1 [Mediofondo 129 km, 2.100 Hm] Profil und mehr Informationen siehe Vorgänger im Granfondo-Album 4
Die 15. Etappe am 20. Mai folgte teilweise der Strecke des BGY Airport Granfondos, der bis 2022 Granfondo Felice Gimondi hieß: Nach dem Start im Norden Mailands und der Überquerung des Valico di Valcava traf die Giro-Strecke auf die letzte Abfahrt des Granfondos. In Bergamo ließ der Giro den Start-Ziel-Bereich des Granfondos rechts liegen, bog dann nach wenigen Kilometern links ab, schnitt die erste Schleife des Granfondos, mit dem Colle del Gallo, ab und befuhr ab Nembro nur dessen dritten Anstieg (Selvino).
Während der Granfondo von dort direkt ins Tal abfuhr, bog der Giro nach 19 gemeinsamen Kilometern Richtung Miragolo San Salvatore ab, dieser Anstieg ist mit einigen 12% steilen Rampen gespickt. In Zogno traf der Giro auf die Strecke der kleinen Runde und folgte dieser 24 km, bevor er rechts zur berühmten Altstadt Bergamo Alta abbog, an deren Fuß der Start-Ziel-Bereich des Granfondos liegt. Nach einer Schleife über Roncola Alta traf der Giro erneut auf die letzte Abfahrt des Granfondos und folgte dieser bis zum Abzweig zur Altstadt.
Insgesamt hatten Giro und Granfondo rund 48 Kilometer gemeinsam, aber nur einen Anstieg. Für die nachträgliche Aufnahme in das Granfondo-Album "Giro-Etappen" reicht das natürlich nicht aus. Die großen Unterschiede der beiden Streckenführungen belegen immerhin, dass es in der Region Bergamo viele kleine Anstiege gibt, die eine Vielzahl von unterschiedlichen Touren ermöglichen – auch wenn sicher nicht alle diese Anstiege für eine Radtour im öffentlichen Straßenverkehr geeignet sind. Heuer hätte man in einem Trainingslager den Granfondo und die Giro-Etappe gut eine Woche später integrieren können – wenn das Wetter besser gewesen wäre. Aber zum Glück gibt es in der Region auch einige Radsport-Museen, mit deren Besuch sich Regentage überbrücken lassen.
Nicht nachvollziehbar ist für mgf der Namenswechsel: Was bringt eine Veranstaltung im traditionsbewussten und -pflegenden Italien, die 24 Auflagen als Granfondo Felice Gimondi erlebte, dazu, einen so harten Schnitt zu machen und vier Jahre nach dem Tod der Radsport-Ikone dessen Namen durch einen Flughafen zu ersetzen? Vermutlich nur Geld...
Zur 16. Etappe auf den Monte Bondone passt derzeit leider kein Granfondo mehr. La Leggendaria Charly Gaul fand 2021 zum letzten Mal statt. Außerdem kam der Giro diesmal von Süden auf den Trientiner Hausberg, es gab keine Gemeinsamkeit mit der Strecke des eingestellten Granfondos.
19. Etappe: Grand Tour delle 3 Cime by 3EPIC & Lake to Sky Crono
> Premiere am 02.-04.06.2023, 141 km, 2.900 Hm, mgf-Härtegrad 6,4 (Randonée ohne Zeitnahme)
Hier geht es zwar nicht um einen Granfondo, aber der Giro gab offenbar den Impuls zumindest für die zweite Veranstaltung! Die 19. Etappe – mit 182 Kilo- und 5400 Höhenmetern die diesjährige Königsetappe – führte über Valparola/Falzárego, Giau und endete am Fuße der Drei Zinnen. Die erstgenannten Pässe sind Teil der Maratona dles Dolomites, 48,5 km wurden in Gegenrichtung der mittleren Maratona-Strecke gefahren, 31 km in Richtung der Langstrecke.
Die epische Bergankunft am Rifugio Auronzo konnte man von 2016 bis 2018 beim Granfondo 3epic erleben, sowie in den Jahren 2019 und 2021 im Rahmen der Etappenfahrt Haute Route Dolomites – schade, dass es das derzeit bei einem Granfondo nicht mehr gibt. Eine Bergankunft an einem solch historischen Ort ist immer ein besonderes Erlebnis.
Heuer gibt es jedoch wenigstens eine "RTF" zum Rifugio Auronzo. Der Radsportverein A.C.D. Pedali di Marca, der auch schon den Granfondo 3epic veranstaltete, bietet am Wochenende nach dem Finale des Giro d'Italia drei verschiedene Teilveranstaltungen an, zwei Brevets und ein "Bergzeitfahren":
Die Grand Tour delle 3 Cime führt auf einem großen Rundkurs vom Start/Ziel in Auronzo di Cadore im Uhrzeigersinn um die Drei Zinnen. Es gibt zwei Varianten, für MTB/Gravelbikes und Rennräder, die Rennradrunde hat 141 km und 2.900 Höhenmeter. Zur "Randonée" auf der Straße kann an drei Tagen, vom Freitag, 02.06., bis Sonntag, 04.06., gestartet werden, zur MTB-Tour nur Freitag und Samstag. Für den Start und mehrere Streckenpunkte gibt es Zeitfenster bzw. -limits, jedoch erfolgt keine Zeitnahme und Wertung. Die Befahrung der korrekten Strecke wird über eine Smartphone-App dokumentiert. Nur 15 Kilometer der Randonée sind identisch mit der Giro-Etappe (teilweise doppelt oder in Gegenrichtung befahren).
Die epische Kletterpartie zum Rifugio Auronzo steht nur beim Lake to Sky Crono am Samstag 03.06. auf dem Programm. Dieses "Bergzeitfahren ohne Wertung" über 32,5 km und 1.500 Hm und entspricht der kleinsten 3epic-Strecke von 2016 bis 2018, die letzten 9,5 km sind identisch mit der Giro-Etappe. Der ursprünglich für den 21.05. (am Tag nach der Giro-Bergankunft) geplante Termin wurde auf das "Grand Tour"-Wochenende verschoben. Anders, als radsport-news.com schrieb, fährt man dabei nur die finalen fünf km auf der Mautstraße (aber man bewegt sich ja sowieso immer im normalen Straßenverkehr, egal ob mit oder ohne Maut).
Das Randonée-Wochenende lässt sich heuer mit dem Besuch der Foto-Ausstellung "The Best of Cycling" verbinden, die in Auronzo di Cadore Bilder von Profi-Rennen zeigt. Mit einem Cross- oder Gravel-Rad sind alle drei Veranstaltungen im Paket möglich, z.B. so: Freitags Anreise, Abholung Startpakete und Grand Tour Road, Samstagvormittag Lake to Sky Crono, Samstagnachmittag Grand Tour Offroad (zumindest Start, vor 17:00 Uhr), Sonntags Foto-Ausstellung und Rückreise.
Vielleicht wird aus der 3epic -Randonée ja irgendwann doch wieder ein Granfondo bzw. eine "Grandonée" mit Zeitnahme!
21. Etappe: Roma Ride Granfondo
> Premiere 2022 abgesagt, 2. Versuch eventuell am 08.10.2023? 116 km, 1.164 Hm, mgf-Härtegrad 4,1
Die Schlussetappe des Giro fand gestern in Rom statt, auf einem Rundkurs im historischen Zentrum, der mit Sehenswürdigkeiten gespickt war, das Ziel lag in direkter Nähe von Forum Romanum und National-Monument Vittorio Emanuelle II, die letzte Kurve vor der Zielgeraden umfuhr das bekannteste Wahrzeichen der ewigen Stadt, das Kolosseum. Hier startete bis ins Jahr 2019 der inzwischen eingestellte Granfondo Campagnolo Roma. 2022 sah es so aus, als ob diese einst große Veranstaltung im Roma Ride Granfondo einen Nachfolger gefunden hätte.
Das Konzept hörte sich sehr interessant an: Start und Ziel an einem Ort der Sportgeschichte, dem für die Bewerbung um die Olympischen Spiele 1940 erbauten, neoklassizistischen Stadio dei Marmi. Vor dem offiziellen Start der Zeitnahme war eine 20 km (!) lange neutralisierte Touristik-Runde entlang von Sehenswürigkeiten Roms geplant, ähnlich des finalen Giro-Rundkurses, danach 116 hügelige Kilometer (1164 Höhenmeter) zum Lago di Bracciano und zurück (ohne Gemeinsamkeiten mit der Strecke des GF Campagnolo).
Leider wurde der Roma Ride Granfondo kurzfristig (8 Tage vor dem Start) abgesagt, weil "die Organisation nicht über alle erforderlichen Genehmigungen verfügte". Ähnliche Probleme führten auch zum Aus des Granfondo Campagnolo Roma. Ein zweiter Startversuch des Roma Ride 2023 erscheint eher unsicher. Zwar werben manche Reiseveranstalter mit diesem Granfondo, aber die offizielle Website wurde seit Oktober 2022 nicht aktualisiert.
Schade, dass in der Hauptstadt der Radsportnation Italien offenbar keine Breiten-Radsportveranstaltungen möglich sind. Das Herz des italienischen Radsports schlägt im Norden, mit zwei Herzkammern, im Veneto und in der Lombardei, wie die Statistik der Saison 2019 zeigte. Im Norden wird sicher auch wieder der nächste Giro d'Italia enden – bei dann hoffentlich wieder besserem Wetter!
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Wenn man die in diesem Beitrag beschriebenen Granfondos zu einer "Rundfahrt" aneinanderreihen wollte, müsste man größere Transfer-Strecken in Kauf nehmen – und zeitliche Sprünge, denn die Granfondos finden natürlich nicht innerhalb von wenigen Wochen statt. Die Karte soll auch eher sagen: Granfondos und schöne Rennradstrecken gibt es fast überall im "bel paese"! [Bild-Quelle: Tschubby/Wikipedia, modifiziert, GNU-Lizenz für freie Dokumentation V.1.2]
Hochdramatisches Giro-Finale
Auch 2023 schrieben die Organisatoren des Giro d'Italia wieder ein einzigartiges "Drehbuch", das Italien von seiner besten Seite präsentierte – abgesehen von dem über weite Strecken ungewohnt schlechten Wetter. Die hochkarätigen Protagonisten setzten den Plan in einem spannenden Rennen um, wobei die ungewöhnlich hohe Anzahl von Ausreißer-Siegen wohl der extremen Schwierigkeit zu verdanken ist.
Denn obwohl dieser Giro von allem etwas bot, war er doch sehr berglastig, echte Sprinter-Züge waren nicht am Start und die Gesamtwertungs-Fahrer konnten oder wollten für einen Etappensieg vermutlich nicht zuviel riskieren. Angesichts dieses Taktierens muss man sich schon fragen, ob eine solche Aneinanderreihung von Höchstschwierigkeiten in der letzten Woche wirklich sinnvoll ist.
Hochdramatisch gestaltete sich das Bergzeitfahren am vorletzten Tag. Primož Roglič hatte offenbar alles auf diese letzte Karte gesetzt und sich auf den 19 Etappen vorher meist zurückgehalten. Fast wäre die finale Attacke noch am Material gescheitert, am Ende blieben 14 Sekunden Vorsprung vor Geraint Thomas, der neun Tage das rosa Trikot getragen hatte. Nur dreimal in der Geschichte des Giro (1948, 1974 und 1955) war der Abstand zwischen Platz eins und zwei noch knapper.
Der Autor dieser Zeilen hat Roglič die Daumen gedrückt. Nicht nur, weil Thomas für das falsche Team fährt, das nach dem Motto "Geld regiert die Welt" agiert. Der Name Geraint Thomas weckt zudem noch andere negative Erinnerungen: Vor vielen Jahren hat ein Brite mit demselben Namen auf der Startnummer im Anstieg zum Passo Giau bei weitgehend leerer Straße den auf gerader Linie fahrenden Verfasser ohne Not geschnitten und dabei fast vom Rad geholt. Es ist immer wieder erschreckend, wie rücksichtslos sich unerfahrene und überforderte Teilnehmer manchmal im Granfondo-Feld verhalten. Um jederzeit auf solche rollenden Sicherheitsrisiken reagieren zu können (und selbst keines zu werden), empfiehlt es sich, nie wirklich ans Limit zu gehen.
Erfolgreiche Revanche für Roglič
2019, beim letzten Giro-Besuch des Verfassers, war Primož Roglič weniger erfolgreich. Im Anstieg zum Passo Croce d'Aune konnte er sich noch in der Gruppe Nibali halten, wurde aber im Schlussanstieg zur Skistation am Monte Avena abgehängt. Zudem erhielt Roglič 10 Sekunden Zeitstrafe, weil er sich unter den Augen der Jury schieben ließ (von einem Fan in Celeste, hinter ihm zu erahnen), am Ende landete er mit 2:30 Rückstand auf Gesamtrang drei, hinter Richard Carapaz und Vincenzo Nibali. Die Chance auf mehr hatte er schon vorher verspielt, obwohl es für den Slowenen nach dem Sieg im Auftakt-Zeitfahren anfangs gut ausgesehen hatte. Auf dem Bild sieht Roglič schon ziemlich fertig aus – und er versucht nicht, wie alle anderen Fahrer, dies durch eine verspiegelte Radbrille zu verbergen...
Ist die Suche nach "marginal gains" nur Show?
Die dominierenden Teams begründen ihre Überlegenheit gerne mit der Suche nach "kleinsten Vorteilen". Für den Autor dieser Zeilen ist das oft nur Inszenierung oder sogar ein Ablenkungsmanöver – in jedem Fall Grund, skeptisch zu sein. Schließlich wollte schon der "Tour-de-Doping"-Rekordsieger der Welt weißmachen, dass er u.a. wegen eines Unterrohr-Schalthebels schneller den Berg hochfährt...
Dass die "marginal gains" oft gar nicht konsequent gesucht werden, demonstrierte das Team Jumbo-Visma beim Giro-Bergzeitfahren 2023 (20. Etappe): Zwar wurde extra für den Angriff auf das rosa Trikot ein Spezial-Bergrad mit 1x12-Antrieb aufgebaut und dieses sogar im Schlussanstieg der 19. Etappe getestet. Alles schien bis ins Detail geplant. Aber dann sprang Roglič beim Durchfahren einer Wasserrinne die Kette vom Blatt! Wieso hatten die Profi-Schrauber nicht eine simple Ketten-Führung montiert, wie sie am MTB üblich ist und Fausto Coppi sie schon 1949 an seinem Tour-de-France-Siegerrad (das Rad links vorne im Gewölbe der Kapelle der Madonna del Ghisallo, mehr Details z.B. HIER) verwendete?
Zum Glück kostete das Maleur Roglič nicht den Sieg, anders als auf der 15. Etappe der Tour de France 2010, als Andy Schleck wegen des bekanntermaßen schwierig einzustellenden Umwerfers desselben Herstellers, auf den Roglič 2023 vertraute, die Chance auf den Tour-Sieg verspielte (allerdings nur vorübergehend). Auch Schlecks Kettenklemmer wäre mit einem "Pfennigteil" vermeidbar gewesen.
Das Gewicht kann nicht der Grund für den Verzicht auf die Kettenführung gewesen sein. Eher, dass die "marginal gains" Philosophie eben doch nicht ernsthaft verfolgt wird. Denn wenn das Rad über dem Gewichtslimit gelegen hätte (wie ein Eurosport-Kommentator vermutete) wäre noch genug Einsparpotential da gewesen. Statt vorn auf eine 140-mm-Bremsscheibe umzurüsten, hätte für ein reines Bergauf-Rad die gute alte und leichte Felgenbremse völlig ausgereicht. Das penetrante Gequietsche der Scheibenbremsen nervte ohnehin beim Zuschauen...
Ein Blick zurück zeigt: Wenn es nicht UCi-konform sein musste, lagen Bergsprint-Räder schon vor der Carbon-Ära weit unter dem 6,8-Kilo-Limit, selbst mit fettem 32er Hinterreifen für die Schotterpiste (gesehen beim Ruggburg Race 2008):
Den ungepolsterten Carbonsattel zierte übrigens das Motto "Go hard or go home". Das 26-Zoll-Vorderrad* bietet gleich drei Vorteile: weniger Gewicht, bessere Aerodynamik auf dem ersten Flachstück und reduzierte Neigung zum Abheben in den bis zu 24 Prozent steilen Rampen. Für die maximal perforierten Kurbeln* und die Sattelstütze* sind 67 kg Fahrergewicht gefühlt schon etwas über dem Limit. Dieses Leichtbaurad wäre auch für den Monte Lussari bestens geeignet – natürlich nur mit Kettenführung!
Das Gewicht für das nützliche Teil könnte man durch Entfernen des ungenutzten Bremszugstegs einsparen. Wobei der mit Tuning-Teilen veredelte Colnago-Titan-Renner im Detail noch weiteres Einsparpotential bietet: Die vordere Felge könnte sicher noch etwas abgespeckt werden (da ungebremst). Ein Spacer und der rechte Schaltzug-Anschlag wären verzichtbar. An der einzigen* Bremse werden ein paar Zentimeter unnützer Zug sowie eine Gummitülle mitgeschleppt. Und auf dem etwas zu langen Schaltzug thront frech eine untätige Endkappe!
* Zumindest diese Details sind (neben dem Gewicht) nicht UCI-konform.
Neu: Specialized Grand Fondo Series
Specialized, 29 Jahre Hauptsponsor und Namensgeber des Granfondo Bra Bra, beschränkt sich in Italien künftig auf das Sponsoring der Specialized Grand Fondo Series. Möglicherweise wurde das gleichzeitige Sponsoring der neuen Serie und einer Einzelveranstaltung eben dieser Serie als unpassend empfunden. Gewertet werden vier größere Granfondos im Nordwesten Italiens, die alle bereits bei mgf vorgestellt wurden:
- Bra Bra Fenix am 30.04.2023
- Ganten La MontBlanc Granfondo am 11.06.2023
- Granfondo Sestriere Colle delle Finestre am 25.06.2023
- Granfondo Tre Valli Varesine am 01.10.2023
Möglich, dass 2024 noch der Granfondo Sanremo-Sanremo „La Classicissima“ dazu kommt – heuer durften eingeschriebene Teilnehmer der Specialized-Serie bereits zum "Schnupperpreis" an der Blumen-Riviera starten.
Die 2022 erstmals ausgeschriebene Serie war in dem 2021 erstellten Beitrag "Granfondo-Serien" noch nicht enthalten. Das Konzept erscheint interessant und schlüssig: Eine Handvoll annähernd vergleichbarer Veranstaltungen unter einem Dach, zu einem attraktiven Preis (140 Euro für Frühbucher), plus Sonderkonditionen für Mannschaften, Team-Wertungen für Kilometer und Zeit. Alle Granfondos sind für Radsportler im Piemont leicht zu erreichen, der Mindestabstand zwischen zwei Veranstaltungen beträgt zwei Wochen.
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