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Granfondo-Album 5: Giro-Etappen (31.05.21)
Wer die Routen des Giro d'Italia in den letzten Jahren verfolgt hat, kann eine interessante Entwicklung feststellen: Des öfteren folgte die italienische Landesrundfahrt zuletzt den Spuren von Granfondos. Es könnte fast der Verdacht aufkommen, dass den Giro-Streckenplanern manchmal nichts mehr Neues einfällt und sie deshalb ab und zu einfach vorhandene Granfondo-Strecken in ihre Routenplanung einbauen.
Andererseits sprechen auch praktische Vorteile für das Phänomen: Ein Ort, der einen Granfondo mit Tausenden von Teilnehmern bewältigen und beherbergen kann, ist prinzipiell immer ein Kandidat für ein Etappenziel des Giro d'Italia. Zwar sind bei einer Rundfahrt-Etappe, anders als bei einem Granfondo, Start- und Zielort selten identisch. Aber zumindest das Granfondo-Finale bietet sich auch als Etappen-Finale an – denn falls mehrere Varianten möglich sind, dürfte die vom Granfondo gewählte Strecke mit einer hohen Wahrscheinlichkeit die reizvollste sein.
Passend zum gestern zu Ende gegangenen Giro d'Italia werden in diesem Granfondo-Album* Veranstaltungen präsentiert, deren Streckenführung in weiten Teilen einer Giro-Etappe folgt. Eins haben alle hier vorgestellten Granfondos gemeinsam: sie lassen Hobby-Radsportler nachvollziehen, was Profis bei wichtigen Etappen der großen Landesrundfahrten leisten müssen – auch wenn die Anforderungen der Granfondos unterschiedlich sind und nicht jeder für eine Königsetappe des Giro in Frage käme. Dass die Profis in gut drei Wochen fast jeden Tag zwischen 160 und 200 km in mehr oder weniger bergigem Terrain zurücklegen, macht ihre Leistungen noch eindrucksvoller.
Wie bei allen Granfondo-Alben werden hier nicht nur die Strecken der Granfondos betrachtet, sondern über die Veranstaltungen hinaus geschaut, jeweils zum Thema des Albums passend. In diesem Fall gibt es Rückblicke auf die Giro-Etappen, denen die Streckenführung der Granfondos folgt – auch wenn nicht jede dieser Etappen eine epische Geschichte lieferte oder für die Gesamtwertung entscheidend war.
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Bei der 14. Etappe des Giro d'Italia 2016 mussten die Profis die kurze, aber steile "Mür dl giat" bezwingen, wie die Teilnehmer der Maratona dles Dolomites auch. Vincenzo Nibali, vor der Etappe hoch gehandelt, fuhr hier hinterher. Dass er nach drei schlechten Tagen in Folge und insgesamt 4:43 Minuten Rückstand den Giro doch noch gewinnen würde, glaubte in den Dolomiten kaum einer.
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* Im Format der Granfondo-Alben werden, als "Serie für Granfondo-Sammler", ausgewählte und interessante Veranstaltungen unter einem Titelthema gesammelt und beleuchtet – siehe Vorwort zum Granfondo-Album 1.
Die Sortierung der Granfondos erfolgt nach dem mgf-Härtegrad: Eine virtuelle Referenzstrecke mit 200 km und 5.000 Höhenmetern erhält dabei den Härtegrad 10. Flache 200 km erhalten, ebenso wie 100 km mit 2.500 Hm, Härtegrad 5.
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Finaler Schlagabtausch mit Cima Coppi
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Das Rennen: 20. Giro-Etappe 2019 Feltre – Croce D’Aune / Monte Avena (194 km)
Spätestens nachdem der Passo Gavia als Cima Coppi der 16. Etappe gestrichen wurde, avancierte die 20. zur Königsetappe dieses Giro. Strategisch war die vorletzte Etappe sowieso schon wichtiger. Am Tag vor dem abschließenden, kurzen Einzelzeitfahren war sie die letzte Chance für Kletterspezialisten, die Gesamtwertung noch zu drehen. Tatsächlich ging es bei dieser Etappe drunter und drüber...
Vor der Etappe lag Richard Carapaz (Movistar), seit der 14. Etappe im rosa Trikot, 1:54 Minuten vor Vincenzo Nibali (Bahrain) und 2:16 vor Primoz Roglic (Jumbo). Am ersten Berg, der Cima di Campo, konnte sich eine Ausreißergruppe absetzen, Fausto Masnada (Androni) gewann den Cima-Coppi-Bergpreis am Passo Manghen, Giulio Ciccone (Trek Segafredo), der Träger des Bergtrikots, den Bergpreis am Passo Rolle. Den vorletzten Gipfel, den Passo Croce d'Aune, überquerte Valentin Madouas (FDJ) 20 Sekunden vor seinen Mitausreißern Ciccone und Pello Bilbao (Astana), die zu diesem Zeitpunkt schon fast von den ersten Fahrern der Favoritengruppe eingeholt waren: Mikel Landa (Movistar) folgte 26 Sekunden später, Richard Carapaz im rosa Trikot, Vincenzo Nibali und Primoz Roglic nach weiteren 19 Sekunden.
In der kurzen Abfahrt konnte Carapaz in Nibalis Windschatten zu Teamkollege Landa aufschließen. Roglic verlor dagegen den Anschluss, im Schlussanstieg stürzte hinter ihm Miguel Angel Lopez (Astana) nach Kollision mit einem Zuschauer, der dafür Schläge vom "Superman" einstecken musste. Die Prügelei wurde von der Rennjury nicht geahndet, im Gegensatz zur Anschubhilfe, die Roglic am Croce d'Aune erhielt.
Am Monte Avena wurden alle Ausreißer eingeholt, und die Rollen im Team Movistar entsprechend dem ursprünglichen Plan verteilt: Carapaz arbeitete für Landa, um diesem auf Gesamtrang drei zu verhelfen – was auch gelang, obwohl Bilbao den Zielsprint gewann. Nur 23 Sekunden Vorsprung reichten Landa für das Zeitfahren jedoch nicht, Carapaz gewann seinen ersten (und nach seinem Teamwechsel vielleicht auch schon letzten?) Giro vor Nibali und Roglic.
Am Passo Croce d'Aune war die Gruppe der Favoriten noch komplett (links). Der celeste-farbene Fleck hinter Roglic brachte diesem 10 Sekunden Zeitstrafe wegen Schiebenlassen ein (rechts). Unglaublich, wie blöd sich manche Zuschauer verhalten. Schade, dass solche Idioten nicht immer so schnell und brachial aus dem Weg geräumt werden können, wie der Verfolger von Tony Martin am Mount Fløyen beim WM-Zeitfahren in Bergen 2017...
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Der Granfondo: Sportful Dolomiti Race
An einem Sonntag Ende Juni (nächste Ausgabe am 20.06.2021), 204 km, 4.900 Hm, mgf-Härtegrad 10,0 [Mediofondo 132 km, 3.050 Hm]
Mit dem Passo Manghen und dem Passo Rolle enthält die Strecke zwei Dolomiten-Klassiker – und mit dem Passo Croce d'Aune (Profil unten) führt er über "technik-historischen Boden". Der härteste Brocken ist der Manghen. Wer hier, noch in der ersten Rennhälfte, zuviel Körner verschießt, bereut das später – spätestens am Passo Croce d'Aune, der auch noch ein paar steile Rampen bereithält.
Dieser Granfondo ist nach Einschätzung von mgf der härteste in Italien – mehr Anspruch ist aufgrund der Vorschriften der F.C.I. als Granfondo (mit Zeitwertung) kaum noch möglich. Kein Wunder, dass die Macher des Giro zum 25. Jubiläum des Granfondos dessen Strecke fast 1:1 übernahmen. Abweichungen gibt es nur im Fassa-Tal und durch den Schlussanstieg – der als Abschluss der finalen Bergetappe sicher besser geeignet ist als eine Abfahrt.
Anders als die meisten anderen großen Granfondos im Mai und Juni wurde das Sportful Dolomiti Race nicht verschoben. Und, anders als bei der 14 Tage später stattfindenden Maratona dles Dolomites, wird nicht mal ein negativer Corona-Test verlangt – weil die Region Veneto laut Veranstalter am 07.06. eine "weiße Zone" mit niedrigstem Infektionsrisiko sein wird. Verlangt wird lediglich eine "Selbsterklärung". Ob diese Regeln das Risiko kalkulierbarer machen, muss jeder Teinehmer selbst entscheiden...
Mehr Details zu dieser Veranstaltung siehe Granfondo-Album 3.
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Der Passo Croce d'Aune teilt sich in zwei überschaubare Rampen und ist nicht allzu schwer. Aber für den letzten Stich sollte man, 190 km nach dem Start, schon noch ein paar Körner in Reserve haben...
[Quelle: ©www.cyclingcols.com]
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Der Urvater aller Granfondos
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Das Rennen: 12. Giro-Etappe 2020 Cesenatico – Cesenatico (204 km)
Zum 50. Jubiläum des Granfondo Nove Colli plante der Giro eine Etappe mit identischer Streckenführung, drei Tage vor der Breitensportveranstaltung. Die 50. Ausgabe des Granfondos wurde leider aufgrund der Corona-Pandemie auf 2021 verschoben, der Giro nur in den Oktober. Etappen mit einem derart welligen Profil haben nur sehr selten Einfluss auf das Gesamtklassement, sie sind eher ein ideales Terrain für Ausreißversuche – und auch die 12. Giro-Etappe 2020 wurde von einer Ausreißergruppe dominiert.
Bereits vor dem ersten Hügel kam eine 14köpfige Gruppe weg, die den Etappensieg unter sich ausmachen sollte. Am sechsten Colle (Perticara) wurde die Gruppe durch eine Attacke des Schweizers Simon Pellaud (Androni) gesprengt und auf neun Fahrer reduziert. In der Abfahrt vom siebten Colle (Madonna di Pugliano) konnte sich zunächst Simon Clarke (Education First) absetzen, danach nahmen Jhonatan Narváez (Ineos) und Mark Padun (Bahrain) die Verfolgung auf.
Nach dem Zusammenschluss hatte Clarke Defekt, er fuhr die letzten 50 km ab dem achten Colle (Passo delle Siepi) solo. Padun fuhr in der Abfahrt vom letzten Colle (Gorolo) ebenfalls platt und konnte die Lücke zu Narváez nicht mehr schließen. Der Ecuadorianer, der "Regen bevorzugt", siegte auf der völlig verregneten Etappe vor Padun und Clarke, im Gesamtklassement gab es keine Veränderungen. Beim Granfondo – der eher wie ein Eintagesrennen verläuft – bildet sich die "Gruppe des Tages" um den späteren Sieger meist erst viel später als beim Giro...
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Dieses Bild ist nicht von der Nove-Colli-Etappe, sondern von der 11. Etappe 2004, Porto Sant'Elpidio – Cesena (228 km), die die Nove-Colli-Strecke nur kreuzte. Auch wenn der Barbotto fehlte, musste der spätere Etappensieger Emanuele Sella (Panaria) am kurzen, heftigen Anstieg nach Sorrivoli kämpfen – nur weniger lange als am Barbotto...
Wirklich lang dauert die steile Rampe am Barbotto jedoch nicht. Der Ruf des "Schrecken der Romagnolen" beruht auf dem letzten Kilometer mit 12 Prozent Durchschnitts-Steigung. Wer die engen Kehren nicht auf der Außenlinie fährt, sondern innen, kann das Vorderrad zum Abheben bringen. Trotzdem wirkt der Barbotto im Vergleich mit echten "Wänden" wie der Muro di Sormano und im Standard-Maßstab von Cyclingcols schon fast niedlich:
[Quelle: ©www.cyclingcols.com]
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Der Granfondo: Nove Colli
Normalerweise am vorletzten Sonntag im Mai (nächste Ausgabe wegen Corona am 26.09.21), 205 km, 3.840 Hm, mgf-Härtegrad 9,0 [Mediofondo 130 km, 1.871 Hm]
Auch wenn Wikipedia.de uns etwas anderes weißmachen will: Dies ist der "Nonno", der Urvater aller Granfondos, der schon viel früher als irgendwelche Veranstaltungen in den USA als Granfondo firmierte. Dass solche Unwahrheiten ohne Belege verbreitet werden können, säht erhebliche Zweifel an der Seriösität der Informationen auf Wikipedia.
Die Wurzeln des ältesten Granfondos haben inzwischen Legendenstatus: Die erste Auflage 1971 begann als Vereinsausfahrt der G.C. Fausto Coppi, mit 17 Teilnehmern. Erst in den Folgejahren wurde daraus langsam der Prototyp der italienischen Form von "Jedermannrennen", der den Standard für viele ähnliche Veranstaltungen setzte. Bei der Einführung von Neuerungen bei der Organisation von Anmelde-Prozedur, dem Ablauf an Start, Ziel und Verpflegungsstellen, Rahmenprogramm, Zeitnahme und anderem war die Traditionsveranstaltung oft eine der ersten. Die Innovationen waren zugleich Folge und Zwang der hohen Teilnehmerzahlen. Soweit sich der Autor dieser Zeilen zurückerinnern kann, war Nove Colli immer der größte Granfondo in Italien. 12.000 Starter traut sich im "bel paese" keine andere Radveranstaltung zu.
Viele Teilnehmer können jedoch auch zum Fluch werden. Der Verfasser ist zuletzt anfangs der "Nuller"-Jahre am ersten Anstieg nicht im Stau gestanden. Viele scheinen zu meinen, dass sie den Stau umgehen können, wenn sie die ersten flachen 27 Kilometer am Anschlag fahren – und provozieren damit eher selbst den Stau. Unter normalen Umständen muss an diesem Anstieg jedenfalls niemand absteigen. Allerdings: wer die richtige Mischung aus Glück, Skrupellosigkeit und Können mitbringt, kann den Anstieg nach Bertinoro auch fahrend zurücklegen.
Der unnötig nervöse Beginn hat dem Verfasser diesen Granfondo ziemlich verleidet. Wenn man sich frühzeitig den Platz am Hinterrad eines (anfangs noch langsameren) Tandems ausgesucht hat, um auf dem ersten Flachstück zügig, stressfrei und mit konstant hoher Geschwindigkeit voranzukommen, und man dann bei Tempo 45 die Ellenbogen ausfahren muss, damit einen andere Fahrer nicht aus dem Windschatten drücken, treibt das den Puls nach oben. Genauso, wenn sich auf einer regennassen Gerade direkt vor einem zwei Fahrer auf den Asphalt legen, die einander ohne erkennbaren Grund ins Rad fahren. Nach Erfahrung von mgf legt sich die Nervosität erst ab dem dritten Colle (Ciola), vorher sollte man den Rundum-Alarm aktivieren und im Zweifel lieber nichts riskieren.
Die Schlüsselstellen aus Sicht von mgf sind der berüchtigte Barbotto (letzter km mit 12 Prozent), Madonna di Pugliano (längster Anstieg, der wehtut, wenn man schon angeschlagen ist) und Gorolo (letzter Kilometer mit fast 10 Prozent). Um die teils verwinkelten Abfahrten im manchmal herrschenden Gedränge sicher absolvieren zu können, sollte man an den Anstiegen nicht ans Limit gehen. Gesparte Körner kann man immer noch auf dem finalen Flachstück loswerden. Wenn sich andere nach 180 Kilometern nicht im Windschatten halten können, hat man sich das Rennen zwar falsch eingeteilt – aber es ist trotzdem ein schönes Gefühl...
Trotz der hier geäußerten Vorbehalte ist dieser Granfondo einer, den viele Hobby-Radsportler in ihren Palmarès haben wollen – und sollten. Wenn man nach dem Start eine Gruppe italienischer Vereinssportler mit passender Geschwindigkeit findet (was nicht immer klappt), kann man etwas sicherer durch die kritische Anfangsphase kommen. Und aufgrund der vielfältigen Tourenmöglichkeiten in der Gegend von Cesenatico bietet sich der Granfondo als Teil eines Trainingslager an (auch wenn sich der Zustand der Straßen in den letzten Jahren leider schleichend verschlechtert hat). Für das Rahmenprogramm gelten die zum Gran Fondo Marco Pantani und Giro d'Italia ausgesprochenen Empfehlungen.
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Für alle, die beim Zählen der Anstiege des Profils ins Grübeln kommen: Der fünfte Colle ist Monte Tiffi – der kleine, steile Zacken in der Mitte.
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Duelle am Mörder-Berg
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Das Rennen: 21. Giro-Etappe 1999 Madonna di Campiglio - Aprica (190 km)
Vor dem Start dieser Etappe wurde Marco Pantani, der den Giro 1999 erdrückend dominiert hatte, wegen eines zu hohen Hämatokritwerts vom Rennen suspendiert. Damit war der Kampf um den Gesamtsieg überrraschend wieder offen. Der neue Führende Paolo Savoldelli (Saeco) lag nur knapp vor Ivan Gotti (Polti, 0:34 zurück) und Laurent Jalabert (ONCE, 1:01 zurück). Die schwere 21. Etappe wurde statt eines "Pirata-Feiertags" zum Tag der Entscheidung dieses Giro.
1999 war der Passo Gavia die Cima Coppi, als erster überquerte sie José Jaime González. Am Fuße des gefürchteten Passo del Mortirolo waren alle Favriten noch in der Spitzengruppe, der frühen Attacke von Gotti zu Beginn des steilsten Abschnitts konnten nur Gilberto Simoni (Ballan) und Roberto Heras (Kelme) folgen. Auf der Passhöhe hatte Savoldelli das rosa Trikot (das zu tragen er an diesem Tag verweigert hatte) längst verloren, den Rückstand konnte selbst der "König der Abfahrer" in der steilen, schwierigen Gefällstrecke nach Monno nicht mehr aufholen.
Gotti kämpfte vorne um die "maglia rosa", ohne Gedanken an den Etappensieg. Dadurch verbesserten sich auch seine Mitausreißer im Gesamtklassement. Heras holte den Etappensieg und Gesamtrang fünf. Simoni rangierte sogar kurzzeitig auf Platz zwei, bis die Zeitnahme korrigiert wurde. Den turbulenten Giro 1999 gewann an diesem Tag Gotti vor Savoldelli und Simoni.
Die Kombination Gavia & Mortirolo war auch Teil anderer Etappen, die nicht in Aprica endeten. Die 20. Etappe des Giro 2008, Rovetta - Tirano (224 km) verlief ähnlich wie 1999, fuhr jedoch wie der Granfondo von Edolo her über den Gavia, statt der finalen Schleife endete die Etappe in Tirano, Aprica war nur Bergwertung. Diese Etappe gewann Bergkönig Emanuele Sella (CSF) mit mehr als einer Minute Vorsprung vor Veteran Gilberto Simoni (Serramenti), "Zigarre" Joaquin Rodriguez (Caisse d'Epargne), Großmaul Riccardo Riccò (Saunier Duval) und dem späteren Giro-Gesamtsieger Alberto Contador (Astana). Auch die 16. Etappe des Giro 2019 Lovere – Ponte di Legno (194 km) hätte ursprünglich einen ähnlichen Verlauf wie der Granfondo nehmen sollen, musste jedoch wegen Lawinengefahr am Gavia entschärft werden.
Die berühmteste Mortirolo-Episode, die 15. Etappe 1994 Meran – Aprica (188 km), war im Finale identisch mit 1999, führte jedoch statt des Gavia über das Stilfser Joch nach Bormio. Damals eroberte Marco Pantani (Carrera) mit einem grandiosen Solo den zweiten Etappensieg in Folge, den zweiten Gesamtrang und die Herzen der italienischen Tifosi.
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Die klassische Mortirolo-Variante von Mazzo: Hier ist entscheidend, ob das Rennrad-Getriebe richtig ausgelegt ist. Fahrer aus dem Mittelfeld des Ötztaler Radmarathons brauchen am Mortirolo eine Untersetzung von mindestens 28/32, um sich die 13-Prozent-Rampe mit Trittfrequenz 50 U/min raufwürgen zu können...
[Quelle: ©www.cyclingcols.com]
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Der Granfondo: Gran Fondo Int. Gavia Mortirolo - Damiano Cunego
Meist am letzten Sonntag im Juni (nächste Ausgabe wg. Corona am 06.09.2021), 170 km, 4.186 Hm, mgf-Härtegrad 8,4 [Mediofondo 150 km, 3.822 Hm]
Die vier Pässe des Granfondos (incl. Aprica) sind identisch mit den letzten vier der Giro-Etappe 1999. Nur der Passo del Tonale wurde ersetzt durch eine längere Anfahrt von Westen nach Ponte di Legno, wodurch schon vor dem Passo Gavia 600 Höhenmeter zu bewältigen sind. Und nach dem Passo del Mortirolo bleibt der Granfondo auf dem Höhenrücken, die Abfahrt endet am Ortsanfang von Aprica. Dadurch werden an die 400 Höhenmeter gespart, die der Giro im Anschluss an die Abfahrt nach Grosio bewältigen muss. Nach Aprica ist die letzte Schleife über den Valico di Santa Cristina dann wieder identisch mit der Giro-Etappe.
Der Gavia wirkt im Profil als optisch größere Herausforderung. Tatsächlich würde sein Cycling-Cols-Index von 1120 mit dem Vorspiel ab Edolo) vermutlich nahe an die 1478 Indexpunkte des Mortirolos rankommen. Aber wichtiger als Höhenmeter ist die Steigung. Fünf Kilometer mit knapp 13 Prozent (siehe Profil links) können echt mörderisch sein. Der Respekt (oder die Angst) der Granfondisti vor diesem "Mörder-Berg" macht sich im Teilnehmerfeld des Granfondos akustisch bemerkbar: Während am Gavia noch das übliche Palaver der redseeligen Italiener herrscht, wird es hinter Bormio immer ruhiger, je näher man Mazzo kommt. In den steilen Rampen ist dann außer dem Rasseln der Lungen kaum noch etwas zu hören...
Seit 2021 trägt der Granfondo den Namen Damiano Cunego im Titel. Beim Giro 2004 überquerte der "kleine Prinz" nach seiner "Meuterei" den Passo Gavia auf der 18. Etappe Cles – Bormio 2000 (118 km) im rosa Trikot und siegte an der Ski-Station. Mit Marco Pantani, dessen Name von 2005 bis 2010 ebenfalls im Titel dieses Granfondos erschien, hat Cunego damit eins gemeinsam: beide siegten auf einer Giro-Etappe, die nur über einen der beiden namensgebende Pässe "ihres" Gran Fondos verlief. 2004 war der Mortirolo erst auf der 19. Etappe im Programm.
Mehr Details zu dieser Veranstaltung siehe Granfondo-Album 3.
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Damiano Cunego (Saeco) im rosa Trikot 2004 am Passo Gavia, an der Skistation Bormio 2000 holte er den Etappensieg.
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Bergankunft auf der Ur-Cima-Coppi
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Das Rennen: 20. Giro-Etappe 2012 Caldes – Passo dello Stelvio (218 km)
Die vorletzte Etappe 2012, die mit einer Bergankunft auf der Cima Coppi endete, brachte Spannung bis zum Schluss. Nach der Überquerung des Mortirolo lag in Bormio eine sechs Fahrer starke Gruppe vier Minuten vor der Maglia-rosa-Gruppe. Unter den Ausreißern waren drei starke Fahrer aus den Top-13 der Gesamtwertung, die nacheinander attackierten: Thomas de Gendt (Vacansoleil, 8. gesamt), Mikel Nieve (Euskaltel, 13.) und Damiano Cunego (Lampre, 10.). Das rosa Trikot von Joaquin Rodriguez (Katusha) war durch diese Aktion zwar noch nicht in Gefahr, trotzdem kam Bewegung ins Gesamtklassement...
Die drei Ausreißer wurden nicht mehr gestellt, de Gendt siegte auf der Cima Coppi, Cunego lag eine Minute zurück, Nieve fast drei. Dann folgten die bisherigen Top drei: Rodriguez, Ryder Hesjedal (Garmin) und Michele Scarponi (Lampre) – innerhalb von nur 14 Sekunden. Jeder der drei Ausreißer war auf dieser Etappe im Gesamtklassement um vier Ränge nach vorne gerückt. Und diese Etappe hatte noch ein Nachspiel: Am nächsten Tag rächten sich die Inaktivität und taktischen Fehler von Katusha und Lampre. Im 30 km langen Schlusszeitfahren verdrängte de Gendt Lampre-Kapitän Scarponi von Platz drei, Ryder Hesjedal (Garmin) entriss Rodriguez das rosa Trikot, mit nur 16 Sekunden Vorsprung!
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Auf der Variante von Tovo wurde der Mortirolo vom Giro erstmals 1999 befahren. Diese Seite ist unrythmischer als die klassische Variante von Mazzo – und nach Einschätzung von mgf auch einen Tick leichter. Oben raus gibt es hier zwar einen Kilometer mit 16 Prozent, aber direkt vor der steilsten Rampe liegt ein flacher Kilometer, den man wahlweise zum Verschnaufen oder zum Schwung holen nutzen kann. Obwohl die Strecke schon vor der Passhöhe ins Tal abbiegt, verdient auch diese Variante den Namen "Mortirolo". Wobei der vom Giro befahrene Pass genau genommen Passo della Foppa heißt, der geografisch korrekte Passo del Mortirolo liegt etwas abseits davon und ist für Fahrzeuge eine Sackgasse. Aber "Foppa" klingt und passt natürlich weniger gut als "Mortirolo"...
[Quelle: ©www.cyclingcols.com]
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Der Granfondo: Granfondo Stelvio Santini
Am 1. Sonntag im Juni (heuer wegen Corona am 12.09.2021), 151 km, 4.058 Hm, mgf-Härtegrad 7,8 [Medio Fondo: 138 km, 3.053 Hm, Kurzstrecke: 60 km, 1.950 Hm]
Dieser Granfondo ist in mehrfacher Hinsicht einzigartig, er endet mit einer Bergankunft an einem Pass-Riesen mit fast 200-jähriger Geschichte und er folgt einer denkwürdigen Giro-Etappe. Der Schlussanstieg selbst sah natürlich noch mehr Dramen, er war die erste Cima Coppi in der Geschichte des Giro – ebenfalls (wenn auch ungeplant) als Bergankunft von der Westseite, die auch der Granfondo nutzt.
Im Beitrag "Berge im Schattenriss" wurde bereits darauf hingewiesen, dass das vom Veranstalter veröffentlichte Profil des Schlussanstiegs zum Stilfser Joch nicht der Realität entspricht. Das Gesamtprofil weist sogar noch größere Abweichungen auf. Das Granfondo-Profil ist wesentlich flacher als in Wirklichkeit, zudem liegen einige Höhenwerte erheblich daneben. Dadurch wird der Passo Mortirolo ("M." im Profil) weniger steil als der Stelvio. Der Anstieg nach Teglio ("T." im Profil) erscheint im Granfondo-Profil kleiner und harmloser als im Giro-Profil (und der Realität), obwohl beide Veranstaltungen dieselbe Route befuhren (die beiden Bergstrecken Teglio und Mortirolo sind identisch, nur dazwischen gibt es Abweichungen).
Mehr Details zu dieser Veranstaltung siehe Granfondo-Album 2.
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Favoriten-Test vor Traumkulisse bei Traumwetter
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Das Rennen: 14. Giro-Etappe 2016 Farra d’Alpago – Corvara (210 km)
Zur Feier des 30. Jubiläums der Maratona dles Dolomites kam der Giro nach Corvara. Die Etappe verlief zwar über vier Pässe, die alle bereits mal Cima Coppi waren, 2016 trug jedoch keiner diesen Titel – weil der höchste Punkt des Giro mit dem Colle dell'Agnello (2.744 m) auf der 19. Etappe lag. Aufgrund der schweren Bergetappen in den letzten Tagen des Giro war in den Dolomiten höchstens eine Vorentscheidung zu erwarten. Dass Andrey Amador (Movistar) sein rosa Trikot nach nur einem Tag schon wieder verlieren würde, war ziemlich sicher. Entgegen den Erwartungen übernahm es jedoch nicht Vincenzo Nibali (Astana), der vor der Etappe der bestplazierte Gesamtsieg-Favorit war.
Zwar holte Astana am Passo Giau die lange führende Ausreißergruppe zurück, was nach der Vorbereitung für eine Attacke von Kapitän Nibali aussah. Der musste jedoch am letzten langen Anstieg, dem Passo Falzárego/Valparola, abreißen lassen. Steven Kruijswijk (LottoNL-Jumbo) konnte sich mit Esteban Chaves (Orica-Greenedge) Darwin Atapuma (BMC) und Georg Preidler (Giant-Alpecin) absetzen. Die Ausreißer arbeiteten gut zusammen, Chaves holte den Etappensieg und Kruijswijk das rosa Trikot.
Nibali verlor, auf sich alleine gestellt (siehe Bild oben), bei der Verfolgung 37 Sekunden. Beim Bergzeitfahren auf die Seiseralm am folgenden Tag verlor er sogar weitere 2:10 Minuten auf Kruijswijk! Und nach der 16. Etappe erhöhte sich Nibalis Rückstand nochmals auf 4:43 Minuten. Daran, dass der "Hai" den Giro mit zwei grandiosen Leistungen auf den Etappen 19 und 20 noch gewinnen könnte, glaubte in den Dolomiten niemand.
Die 14. Etappe des Giro 2016 blieb auch abseits des sportlichen Geschehens in Erinnerung: Bei traumhaftem Wetter lieferten die Hubschrauber atemberaubende Ausblicke über die Dolomiten, das Fernsehen verbreitete perfekte Werbung für die Urlaubsregion – genau das hatte sich der Zielort wohl erhofft.
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Der Granfondo: Maratona dles Dolomites
Meist am ersten Sonntag im Juli (nächste Ausgabe am 04.07.2021), 138 km, 4.230 Hm, mgf-Härtegrad 7,7 [Mediofondo 106 km, 3.130 Hm; Kurzstrecke 55 km, 1.780 Hm]
Abgesehen von der Anfahrt nach Arabba waren der Streckenverlauf von Maratona und Giro-Etappe 2016 identisch. Auf dieser Strecke gibt es kaum einen flachen Meter, der von mgf errechnete "Bergfaktor" (der die durchschnittliche Steigung wiedergibt) ist mit 6,1 der höchste aller in der mgf-Liste geführten Granfondos. Die Route beinhaltet vier Cima-Coppi-Pässe, an denen seit über 80 Jahren jede Menge Giro-Geschichte geschrieben wurde.
Die Panoramen, die sich auf dieser Dolomitenrunde bieten, sind einzigartig. Die Straßen sind für den übrigen Verkehr komplett gesperrt. Und das Wetter ist fast immer erstaunlich trocken, auch wenn es nicht immer so strahlenden Sonnenschein gibt, wie bei der Giro-Etappe 2016. In Summe mit der fast perfekten Organisation ist die Maratona nicht nur für mgf die "Königin der Granfondos".
Mehr Details zu dieser Veranstaltung siehe Granfondo-Album 3.
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Duell um Sekunden auf steiler Naturstraße
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Das Rennen: 19. Giro-Etappe 2005 Savigliano - Sestriere (190 km)
Auf dieser Etappe wurde der Colle delle Finestre vom Giro erstmals befahren. Damals suchten die Streckenplaner des Giro, in Erinnerung an die glorreichen Nachkriegsjahre von Coppi und Bartali, nach noch nicht asphaltierten Straßen – und fanden sie in der Toscana, am Kronplatz und am Colle delle Finestre. Diese Etappen lieferten spektakuläre Bilder und Rennen.
2005 hatte Paolo Savoldelli, der das rosa Trikot seit der 13. Etappe trug, 2:09 Minuten Vorsprung vor Gilberto Simoni, gefolgt von José Rujano (3:00) und Danilo Di Luca (3:08). Die drei Verfolger hatten angekündigt, das Gesamtklassement am auf den letzten acht Kilometern aus Naturstraße bestehenden Finestre drehen zu wollen – und machten den finalen "Showdown" zu einem spannenden Krimi.
Savoldelli musste bereits vor Beginn der Naturstraße abreißen lassen. Simoni, Di Luca und Rujano vergrößerten die Lücke soweit, dass Simoni virtuell mit 10 Sekunden Vorsprung im rosa Trikot fuhr, als das von Di Lica angeführte Trio die Passhöhe überquerte. Danach konnte "il Falco" jedoch seine Abfahrtskunst ausspielen, in Sestriere hatte Savoldelli den Giro-Sieg mit nur 28 Sekunden Vorsprung gerettet. Die Etappe gewann Bergwertungssieger Rujano vor Simoni.
Zwar gibt es noch weitere Giro-Etappen, bei denen der Colle delle Finestre und sogar die finale Schleife Cesana Torinese - Sestriere gefahren wurden, aber bei allen späteren Giro-Passagen (2011, 2015, 2018) wurde der Colle delle Finestre jeweils von Osten her angefahren, nie wieder über Sestriere und von Westen. Die Giro-Etappe 2005 ist dem Granfondo am ähnlichsten.
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Der Granfondo: Gran Fondo Sestriere Colle delle Finestre
Am 3. Sonntag im Juli (heuer am 18.07.2021), 122 km, 3.400 Hm, mgf-Härtegrad 6,4 [Medio Fondo: 97 km, 2.600 Hm]
Der Start des Granfondo liegt am Ende des Anstiegs von Osten (Pinerolo), um im ersten kurzen Beragaufstück das Feld vor der langen Abfahrt etwas auseinanderzuziehen. Bis zur zweiten Durchfahrt in Sestriere ist die Strecke des Granfdondos identisch mit der Giro-Etappe von 2005. Anschließend hängt der Granfondo noch eine Schleife über Cesana Torinese dran – die ebenfalls schon vom Giro befahren wurde...
Die 20. Etappe des Giro 2020 sollte eigentlich ganz anders verlaufen und eine "moderne Reinterpretation der legendären Etappe Cuneo-Pinerolo" werden. Aufgrund der Corona-Krise war die Durchfahrt durch Frankreich jedoch nicht möglich, als Ersatz wurde Sestriere von Osten angefahren und die finale Schleife des Granfondos gleich doppelt befahren. Seit 2019 (also bisher erst einmal) fährt der Granfondo diese Schleife zwar rechtsherum, aber von 2016 bis 2018 wurde sie linksrum gefahren, in Richtung des Giro 2020.
Mehr Details zu dieser Veranstaltung siehe Granfondo-Album 2.
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Überraschungs-Coup unter dem "Dach Europas"
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Das Rennen: 14. Giro-Etappe 2019 Saint-Vincent - Courmayeur (131 km)
Wenn man das Profil der Etappe und ihre geringe Distanz betrachtet, glaubt man nicht, dass auf einer solchen Etappe die Gesamtwertung ener Rundfahrt entschieden werden kann – dennoch passierte das 2019.
Auf der vorangehenden Etappe mit Ziel unterhalb des Colle del Nivolet hatte Vincenzo Nibali nur den Hauptfavoriten Primoz Roglic kontrolliert und zugelassen, dass Etappensieger Ilnur Zakarin und Bauke Mollema in der Gesamtwertung an ihm vorbeizogen. Auch Richard Carapaz, der vom Team Movistar eigentlich als Edelhelfer von Mikel Landa vorgesehen war, hatte aufgeholt und lag nur noch 13 Sekunden hinter Nibali (und 1:57 Minuten hinter Roglic).
Auf der eher unscheinbaren Mont-Blanc-Etappe griff der Equadorianer am Colle San Carlo erneut an und überquerte die Passhöhe 35 Sekunden auf die Favoriten. Der Vorsprung wurde zwar in der Abfahrt wieder kleiner, aber auf den letzten acht wellig bergauf führenden Kilometern konnten die Favoriten nichts mehr zulegen, während der entfesselt fahrende Carapaz mit fast zwei Minuten Vorsprung ins Ziel kam und neben dem Etappensieg auch das rosa Trikot errang, Dank der Zeitgutschrift mit sieben Sekunden vor Roglic.
Wie sich später zeigen sollte, fehlte dem Slowenen die Konstanz für diese schwere Rundfahrt – ganz im Gegensatz zu Carapaz, der das rosa Trikot eine Woche lang verteidigte und den Giro schließlich mit gut einer Minute Vorsprung vor Nibali gewann. Der Plan des "Hai von Messina", mit einer starken letzten Woche noch ganz nach vorne zu fahren, ging diesmal (anders als 2016) nicht auf...
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Der Colle San Carlo (über den man auch bei weniger Verkehrsdichte zum Kleinen Sankt-Bernhard-Pass fahren könnte) ist weniger bekannt, aber (mindestens) so anspruchsvoll wie der Passo Giau in den Dolomiten.
[Quelle: ©www.cyclingcols.com]
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Der Granfondo: Ganten La MontBlanc Granfondo
An einem Sonntag Ende Juni (nächste Ausgabe am 20.06.2021), 116 km, 3.210 Hm, mgf-Härtegrad 5,9 [Mediofondo 88 km, 2.030 Hm]
Die Strecke des Granfondos versucht, die durch die Lage des Aosta-Tals bedingten Nachteile (eine echte Runde ist nicht möglich) zu kompensieren, indem die Seitentäler und Straßen über die das Tal flankierenden Berghänge genutzt werden, so wie das auch fast alle Giro-Etappen taten, die ins Aosta-Tal kamen – auch wenn der Granfondo nicht alle Möglichkeiten ausnutzt.
Denn bis auf den Colle San Carlo, der zwar relativ unbekannt, aber ebenso hart wie der Passo Giau ist, halten sich die Schwierigkeiten bei dieser Veranstaltung in Grenzen. Die größte Herausforderung besteht darin, in den kleinen Anstiegen zu Beginn nicht zu überziehen, um die finale Kletterorgie gut bewältigen zu können.
Trotz der – im Vergleich zu anderen Veranstaltungen in diesem Album – eher geringen Anforderungen muss dieser seit 2013 stattfindende Granfondo mit über 1.000 Teilnehmern als erfolgreich angesehen werden. Zwar wird aus dem Ausland kaum jemand nur wegen dieser Veranstaltung an den Fuß des Montblanc fahren. Aber als Teil eines längeren Aufenthalts, mit Erkundung der vielen im Aosta-Tal gebotenen Tourenmöglichkeiten (und der kulinarischen Spezialitäten...), wird diese Veranstaltung interessant. Seit dem zu kurzem Giro-Besuch 2018 im Aosta-Tal steht "La MontBlanc" jedenfalls auf der erweiterten Wunschliste von mgf...
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Der letzte Granfondo ist eigentlich schon ein Grenzfall für die Aufnahme in dieses Granfondo-Album. Denn die Auswahl sollte sich auf Granfondos beschränken, bei denen ein Großteil der Strecke (im Idealfall alle wichtigen Berge) identisch mit einer Etappe des Giro d'Italia ist. Aber weil das Profil vor dem Finale des Granfondo La MontBlanc der Giro-Etappe ähnlich ist und der Granfondo bisher in noch keinem mgf-Album erschien, wurde hier ein Auge zugedrückt.
Natürlich beinhalten auch viele andere Granfondos mehr oder weniger große Abschnitte, die Teile einer Giro-Etappe waren – zum Beispiel die folgenden Veranstaltungen mit Bergankunft. Die ersten drei Granfondos wären ohne die Giro-Vergangenheit der Zielorte vermutlich gar nicht entstanden: Carnia Classic, Top Dolomites , La Leggendaria Charly Gaul, Risoul Queyras.
Wer die Zeiten der Profis mit denen der Granfondo-Teilnehmer vergleichen möchte, muss leider ein wenig rechnen. Denn die Strecke des Giro stimmt praktisch nie ganz genau mit den Granfondo-Strecken überein. Bei den hier vorgestellten Strecken ist ein direkter Vergleich nur für Nove Colli möglich – und auch hier stimmt der "Kilometer Null" nicht ganz. Der Sieger der Giro-Etappe 2020 benötigte trotz teilweise heftigen Regens nur 5:31 Stunden. Die Zeiten der Granfondo-Sieger liegen meist eine knappe halbe Stunde darüber – immerhin wären sie damit beim Giro innerhalb des Zeitlimits ins Ziel gekommen. Außerhalb des Zeitlimits gelandet wäre der Sieger des Gran Fondo Giro d'Italia 2008, der am Vortag der 15. Etappe Arabba - Passo Fedaia (153 km) auf identischer Strecke stattfand, heute leider nicht mehr existiert und einen gefühlten Höhepunkt der "Granfondo-Karriere" des Verfassers dieser Zeilen markierte.
Eine Etappe des Giro 2021 findet sich in diesem Granfondo-Album leider nicht. Zwar gab es Gerüchte, dass eine Etappe der Strecke des Granfondo La Fausto Coppi folgen würde, aber die erwiesen sich zumindest für heuer als falsch. Vielleicht klappt es ja in den nächsten Jahren – dann würde es endlich ein detailliertes Gesamtprofil für diese Veranstaltung geben. Die genaueren Profile sind einer der Vorteile von Granfondos, die Giro-Etappen folgen (oder auch umgekehrt).
Auch wenn der Giro d'Italia 2021 im Gesamtklassement aufgrund der Dominanz von Egan Bernal nicht ganz so spannend war wie in jüngerer Zeit gewohnt, der italienische Altmeister Vincenzo Nibali schwächelte und für die große Radsportnation noch kein echter Nachfolger in Sicht ist, war dieser Giro für Italien ein Erfolg – nicht nur, weil die vielfältige Schönheit des Landes im TV präsentiert werden konnte: Es gab sieben Etappensiege durch Italiener, leider nur zwei durch Fahrer von italienischen Teams (und auch das nur, wenn man die starken italienischen Wurzeln von UAE und Eolo-Kometa zählt). Außerdem setzte sich die Siegesserie der Radmarken aus Italien fort: Seit der Tour de France 2019 wurden sechs Grand Tours in Folge auf italienischen Rennrädern gewonnen!
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Hinweis:
Die Originale der Detail-Höhenprofile und weitere Infos, auch zu Varianten, sind auf www.cyclingcols.com (Prädikat: "besonders wertvoll") zu finden. Herzlichen Dank an Michiel van Lonkhuyzen für die freundliche Erlaubnis zur Verwendung!
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