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"Corona-Strategie" für Granfondos (30.04.21)

Terminverschiebungen, Absagen, Corona-Protokolle und kurzfristige Reisewarnungen mit rückwirkenden Konsequenzen – das Veranstaltungs-Chaos von 2020 scheint sich heuer zu wiederholen. Dieser Beitrag ist ein Versuch, eine auf die aktuelle, unsichere Situation angepasste Strategie zu entwickeln, die es ermöglicht, heuer doch noch den einen oder anderen Granfondo zu fahren. Auch wenn es sicher noch lange dauern wird, bis alles wieder einigermaßen normal läuft...

 

Die Ausgangslage:

Eine längerfristige Saisonplanung ist derzeit nicht möglich. Viele Termine, mindestens die in der ersten Jahreshälfte, sind als unsicher und nicht planbar anzusehen. Sicher werden heuer noch eine ganze Reihe von Veranstaltungen verschoben oder abgesagt.

Wer einen Granfondo-Startplatz bereits von 2020 auf 2021 umgebucht hat, wird vermutlich versuchen, eine Teilnahme zu realisieren. Manchmal ist das aber nicht ganz einfach: Die Nove Colli z.B. wurden vom 23.05. auf 26.09. verschoben. Wer im September keinen Urlaub nehmen kann, muss sich mit der Zusendung des Bekleidungs-Sets zufriedengeben, eine nochmalige Umbuchung auf 2022 ist nicht möglich. Dagegen kann bei der Maratona dles Dolomites (04.07.) auf 2022 umgebucht werden – jedoch nur einmalig und nicht auf Dritte übertragbar (in 2021 wäre das möglich, wie bei Nove Colli auch).

Bei den größeren Granfondos lässt sich die Entwicklung sowieso schwerer einschätzen. Einerseits ist die Durchführung von Veranstaltungen mit Tausenden Teilnehmern eher gefährdet, andererseits sind die großen Events meist schon lange vor dem Veranstaltungstag ausgebucht. Sofern eine Anmeldung bei Großveranstaltungen derzeit überhaupt noch möglich ist, ist angesichts der vielen Unsicherheiten doch eher davon abzuraten.

Aber auch bei kleineren Granfondos, die weniger überlaufen und weniger von Total-Absagen gefährdet sein dürften, besteht das Risiko von Termin-Verschiebungen. Bei einer Anmeldung für mehrere Veranstaltungen könnte es passieren, dass zwei Granfondos auf demselben Termin des engen Zeitfensters im Spätsommer und Herbst landen...

 

Die Alternative:

Die in der aktuellen Situation aus Sicht von mgf interessanteste Veranstaltungskategorie sind kleinere, international weniger bekannte Granfondos, bei denen auch kurzfristig noch eine Anmeldung möglich ist – im Idealfall sogar noch vor Ort, am Tag vor dem Start. Solche Veranstaltungen bieten mehrere Vorteile:

Eine Entscheidung über die Teilnahme ist sehr kurzfristig möglich – auch erst dann, wenn sicher ist, dass die Veranstaltung stattfindet, die Form und die sonstige Situation passt (beruflich, privat und gesundheitlich).

Bei kleineren Veranstaltungen kann man den anderen Teilnehmern eher aus dem Weg gehen. Die Verpflegung ist oft weniger reichhaltig, so dass es leichter fällt, auf deren Inanspruchnahme zu verzichten. Und die Startgelder sind meist geringer, so dass es leichter fällt, im schlimmsten Fall aus der Veranstaltung auszusteigen, wenn das Gedränge zu groß werden und das Sicherheitsgefühl unter die persönlich akzeptable Schwelle sinken sollte.

Natürlich lassen sich die kleineren, weniger bekannten Granfondos daheim nicht so gut "verkaufen". Aber in einem reduzierten Starterfeld ist eine niedrige Platzierung sowieso weniger wert, sportlicher Ehrgeiz ist auch in der zweiten Corona-Saison noch die falsche Einstellung.

 

Vorschlag für "Corona-Strategie" 2021:

Angesichts der beschriebenen Rahmenbedingungen erscheint es am sinnvollsten, in dieser zweiten Corona-Saison keine langfristigen Planungen zu machen. Stattdessen dürfte die Teilnahme an Granfondos heuer mit einer kurzfristigen Anpassung an die dynamische Entwicklung eher möglich sein. Das erfordert allerdings ein gewisses Maß an Flexibilität und manche Einschränkung der bisherigen Gewohnheiten – aber das ist ja seit einem Jahr praktisch in allen Lebensbereichen so...

Die hier gemachten Vorschläge sind gewiss nicht perfekt, sie sind verbesserungsfähig und auch nicht für jeden Granfondo-Fan der richtige Weg – aber das trifft auch auf viele Corona-Strategien zu, die seit einem Jahr von den Profis geschmiedet werden. Und im Gegensatz zu den von oben verordneten Maßnahmen gibt es hier nur Anregungen, die man freiwillig aufnehmen kann, aber nicht muss.

 

Vorplanung: Auch wenn die Entscheidung für die Teilnahme relativ kurzfristig fällt, sollte man sich zumindest eine Liste potentieller Kandidaten erstellen. Interessant sind Granfondos im September/Oktober, mit kleineren Teilnehmerzahlen und in Regionen mit starker touristischer Infrastruktur (damit die kurzfristige Hotel-Suche nicht zum Problem wird). Veranstaltungen dieser Kategorie finden sich in der Veranstaltungs-Übersicht von mgf sowie anderen Granfondo-Listen im www.

Natürlich sollten alle Granfondos auf der Liste einen "Reglement-Check" passiert haben, damit eine mögliche Teilnahme nicht an formalen Hindernissen scheitert. Die Websites der als interessant ausgemachten Granfondos sollten in der Folgezeit regelmäßig auf neue Informationen geprüft werden: Gibt es eine Terminverschiebung? Nähert sich die Zahl der Voranmeldungen dem Limit? Wie sehen die Details des "Covid-Protokolls" aus? Werden neue, zusätzliche Formalitäten gefordert?

Die Detail-Planung sollte erst erfolgen, wenn sicher ist, dass die Veranstaltung tatsächlich stattfindet, eine Anmeldung vor Ort noch möglich und die Infektionslage unter Kontrolle ist. Schon ein paar Wochen vor dem Veranstaltungstermin sollte man die Infektionszahlen in der Region verfolgen, um deren weitere Entwicklung abschätzen zu können. 2020 gab es einige Granfondos, deren Region kurz vor oder nach dem Veranstaltungstermin zum Risikogebiet erklärt wurde, so dass für deutsche Teilnehmer nach ihrer Rückkehr Quarantänebestimmungen galten – aber das war angesichts der damals schon Wochen vorher steigenden Infektionszahlen absehbar.

 

Training: Der Formaufbau kann nicht auf einen konkreten Saison-Höhepunkt ausgerichtet werden – höchstens grob auf das Erreichen der Höchstform im September/Oktober. Dabei darf man sich zwar an Standard-Trainingsplänen orientieren, aber die Topform zu einem bestimmten Zeitpunkt kann heuer nicht das Ziel sein.

Die Trainingsintensität sollte sich noch mehr als sonst an der persönlichen Situation orientieren. Wenn die Belastung moderat gehalten und nur dann forciert wird, wenn keine Komplikationen zu erwarten sind (d.h. keine Verpflichtungen nach dem Training, ausreichende Ruhepausen, keine Gefährdung durch den "Open window Effekt"), sollte die Gefahr, sich einen Infekt – egal welcher Art – einzufangen, gering zu halten sein. Ein negativer Test ist leider keine Garantie, nicht erkrankt zu sein. Und wer die Bestimmungen der Veranstalter ernst nimmt, muss beim Auftreten von Covid-19-Symptomen daheim bleiben.

 

In der Woche vor dem Granfondo: Sobald kurzfristig eine Teilnahme ins Auge gefasst wird, ist es sinnvoll, seine Kontakte (noch weiter als sowieso schon) zu reduzieren, um das Risiko einer Ansteckung vor der Abreise zu minimieren. Zudem sollte im Training eine niedrigere Belastung gewählt werden, um nicht durch Übertraining Corona-Symptome zu provozieren, z.B. erhöhte Temperatur, Kopf- und Gliederschmerzen, Müdigkeit usw. .

Für die Anreise und Anmeldung vor Ort sollte man sich nur entscheiden, wenn man sich absolut gesund fühlt. Vor der Abreise gibt es heuer sicherlich noch einige Dinge zu erledigen, die bisher nicht zur Urlaubs-Vorbereitung gehörten: Abhängig von den Vorgaben im "Covid-Protokoll" des Veranstalters können spezielle Dokumente nötig werden, etwa ein "amtlicher" Test schon vor der Abreise.

Nach derzeitige Lage scheint es ziemlich sicher, dass Urlaubsreisen 2021 nur mit einem "Corona-Pass" (über dessen Form und Inhalt noch nicht endgültig entschieden ist), möglich sein werden. Zumindest werden Reisen durch ein solches Dokument erheblich erleichtert – deshalb sollte man nicht darauf verzichten. Zu empfehlen ist außerdem das Mitführen von Selbst-Tests (Grund siehe weiter unten).

Die Unterkunft sollte man nach dem individuellen Sicherheitsempfinden wählen – siehe Beitrag "Rad-Urlaub in Corona-Zeiten".

 

Direkt vor/auf der Anreise und vor Ort: Auch wenn das mancher in der Vergangenheit sicher oft nicht geschafft hat, sollte man in den Tagen vor der Abfahrt den Stress reduzieren und für genug Schlaf sorgen – denn beides kann (zumindest beim Autor dieser Zeilen) zu Symptomen führen, die auch zur diffusen Palette von Covid-19 passen.

Die sicherste Form der Anreise ist im eigenen Auto. Auch wenn der Zug umweltverträglicher wäre, kann man sich diesen Luxus wohl ohne schlechtes Gewissen gönnen – denn die meisten werden ihren "CO2-Fußabdruck" in den vergangenen 12 Monaten sicher schon kräftig reduziert haben. Auch wer in einer Ferienwohnung logiert und seine Verpflegung selbst organisieren muss, hat es mit Auto einfacher.

Grundsätzlich sollten die Kontakte vor Ort (wie schon vorher daheim) auf das Nötigste reduziert werden. Dazu gehört auch, für alle Aktivitäten genug Zeit einzuplanen, damit kein Stress aufkommt, der zu unsicheren Situationen führen könnte.

Unabhängig von einem eventuell vorgeschriebenen Test-Prozedere des Veranstalters empfiehlt es sich, mehrere Selbst-Tests mitzunehmen und sich vor Ort selbst zu testen. Vor einem verpflichtenden "offiziellen" Test des Veranstalters ist ein Selbst-Test in jedem Fall ratsam. Denn das eröffnet die Option, bei einem positiven Selbst-Test-Ergebnis vorzeitig die Heimreise anzutreten (natürlich ohne Gefährdung anderer, ohne Zwischenstopps, ohne Kontakte). Bei einem positiven Ergebnis in einem "offiziellen" Test könnten die Folgen gravierender sein und man Wochen im Urlaubsland festhängen...

 

Beim Granfondo: Wie schon dargelegt, sollten Plazierungen und Zeiten in der aktuellen Situation nicht im Vordergrund stehen. Ziel sollte es sein, möglichst "kontaktarm" und ohne Angreifen der Reserven über die Distanz kommen, damit das potentielle Ansteckungsrisiko gering gehalten und das Immunsystem nicht geschwächt wird.

Zu diesem Ziel würde die "Regen-Strategie" von mgf passen: So spät wie möglich am Start erscheinen, sich ganz hinten einreihen und gemütlich eine kürzere Streckenvariante fahren (und wenn es wirklich regnen sollte, nach Überfahren der Startlinie erst einmal in/vor der nächsten offenen Bar ein zweites Frühstück einnehmen). Bei manchem Granfondo droht laut Reglement für den Start außerhalb der vorgesehenen Gruppe (also auch in einer späteren Gruppe) zwar die Disqualifikation, aber das sollte egal sein, wenn man sowieso keine sportlichen Ambitionen hat...

Ohne sportlichen Ehrgeiz wird es auch leichter fallen, rücksichtsvoll zu fahren, sich und anderen Zeit zu lassen, Abstände einzuhalten und nicht jede Lücke zum Überholen zu nutzen. Und, falls das Gedränge doch mal irgendwo zu groß werden sollte, auch mal Pause zu machen oder notfalls ganz aus der Veranstaltung auszusteigen. Vele Teilnehmer im hinteren Teil des Feldes sehen einen Granfondo nicht als Rennen, sondern als Kampf ums Ankommen in einer schönen Landschaft – je mehr Teilnehmer heuer so denken, umso entspannter und sicherer wird eine Veranstaltung.

Ebenfalls entspannter sollte man die Verpflegungsfrage sehen. 2020 boten die wenigen Granfondos, die stattfanden, keine vollwertigen Verpflegungsstationen an. Falls die Verpflegung heuer ähnlich rudimentär gestaltet wird, könnte man den Anteil der Selbstversorgung steigern – mit dem Nebeneffekt, dass man sich aus dem Gedränge am "Ristoro" weitgehend raushalten kann. Durch Nachfüllen der Trinkflaschen an Brunnen (die es leider nicht überall in ausreichender Dichte gibt) wäre sogar eine 100-prozentige Selbstversorgung denkbar.

Während der Veranstaltung lauert das größte Infektionsrisiko im Start- und Zielbereich. Hier gab es 2020 meist eine Maskenpflicht: Die Maske musste vom Einfahren in die Startaufstellung bis zu einem markierten Punkt nach dem Start getragen werden. An den Verpflegungsstellen und direkt nach der Zielankunft musste die Maske wieder aufgezogen werden. Wer das Gefummel mit der Maske reduzieren möchte, sollte sich eine "Einhandbedienung" basteln, z.B. mit an den hinteren Helmgurten angebrachten Haken und einer am Trikot befestigten Tasche, in der die Maske sauber und trocken bleibt, während sie nicht genutzt wird.

2020 war bei den meisten Granfondos eine Hand-Desinfektion vorgeschrieben, zumindest im Zielbereich. Aber auch unterwegs kann es Situationen geben, in denen man sich sicherer fühlt, wenn Desinfektions-Mittel zur Hand sind. Deshalb sollte Desinfektionsgel (notfalls in eine kleinere Flasche umgefüllt) in keiner Trikottasche fehlen. Wer es mit "Regel #32" nicht so genau nimmt und die zusätzliche Verpflegung und Ausrüstung in einem leichten Rucksack verstaut, hat mehr Optionen bei der griffbereiten Unterbringung von Maske und Desinfektionsgel.

Verzichten wird mgf wohl auf die "Pasta-Party" nach der Zielankunft – falls die überhaupt angeboten wird. Wenn die Verpflegung im Ziel nicht unter freiem Himmel ausgegeben und konsumiert werden kann, sollte man lieber das überschaubere Hotel oder ein Restaurant mit Bewirtung im Freien vorziehen. Denn im Gegensatz zum Wettbewerb selbst könnte man bei einer "Pasta-Party" in einer Halle längere Zeit derselben "Aerosol-Quelle" ausgesetzt sein, was das größere Ansteckungsrisiko birgt.

 

Macht das so überhaupt noch Spaß?

Diese Frage muss letztlich jeder für sich selbst beantworten. Wer es unkompliziert mag, mit zuviel Regeln Schwierigkeiten hat und sich nur im dichten Pulk eines Rennens wohl fühlt, sollte heuer wohl besser auf eine Teilnahme an Veranstaltungen verzichten. Und natürlich ist Rennradfahren in Italien auch außerhalb von Granfondos ein Erlebnis, Anregungen dazu liefert der Beitrag "Rad-Urlaub in Corona-Zeiten".

Aber die Teilnahme an einem Granfondo kann einen Radurlaub schon erheblich aufwerten. Und das Infektionsrisiko bei Sportveranstaltungen im Freien scheint tatsächlich viel geringer zu sein, als es die Corona-Maßnahmen hierzulande vermuten lassen (siehe Spalte rechts). Wenn das Risiko beherrschbar ist und sich mit dem "Corona-Pass" eine Quarantäne vermeiden lässt, müssen nur noch die Pläne der Veranstalter aufgehen – dann steht den ersten Schritten zurück zu ein bisschen Normalität im Hobby-Radsport nichts mehr im Weg!

 

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Solche Bilder wird es auch 2021 noch nicht wieder geben. Wenn Granfondos stattfinden, dann nur mit Maskenpflicht am Start und mit größeren Abständen zwischen den Teilnehmern. Solche Regeln werden bei kleineren Granfondos leichter einzuhalten sein, was die Chance auf Durchführung erhöht. Auch deshalb zielt die in diesem Beitrag vorgeschlagene "Corona-Startegie" auf kleinere Veranstaltungen ab.
[Bild:
M.Dolomites 2019, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0]

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Alles hängt von den Infektionszahlen ab...

Eine Grundvoraussetzung für das Funktionieren der hier vorgeschlagenen "Corona-Strategie" ist natürlich, dass Großveranstaltungen in Italien wie im Vorjahr möglich sind. Und dass Italien im Zeitraum des angepeilten Granfondos von Deutschland nicht mehr als Risikogebiet eingestuft wird – und umgekehrt...

Bereits seit 08.11.2020 gilt für Rückreisende aus Italien eine Anmeldepflicht vor und eine Quarantänepflicht nach der Rückreise nach Deutschland. Die zehntägige Quarantäne kann durch einen negativen Test (der allerdings erst fünf Tage nach Einreise zulässig ist) vorzeitig aufgehoben werden.

Ähnliche Bestimmungen gelten derzeit (vorerst bis Mitte Mai) auch in Italien: Nach einer Einreise müssen Urlauber in Italien eine fünftägige Quarantäne einhalten, die nicht durch Tests verkürzt werden kann – so ist eine Vorbereitung auf einen Granfondo kaum möglich. Und die Quarantäne müsste zeitlich so geplant werden, dass die nötigen Formalitäten zur Anmeldung (oder zumindest zur Startnummern-Abholung) vor der Veranstaltung erledigt werden können.

Den zeitlichen Mehraufwand von schlimmstenfalls zwei Wochen wird sicher keiner auf sich nehmen, nur um mal an einem verlängerten Wochenende in Italien Rad fahren zu können. Aber auch bei einem längeren Radurlaub stellt sich die Frage, ob zwei Wochen Aktivität zwei Wochen zwangsweiser Inaktivität wert sind.

Alle hier angestellten Überlegungen machen letztlich nur Sinn, wenn wieder freies Reisen ohne Quarantäne möglich sein wird – was 2020 ab Mitte Juni der Fall war. Dass die Reisewarnungen heuer zur selben Zeit aufgehoben werden, erscheint allerdings inzwischen utopisch: Ende April 2020 waren die offiziellen Infektions-Zahlen in Italien um ca. den Faktor 5 niedriger, in Deutschland um ca. den Faktor 10. Alleine durch höhere Testquoten lässt sich das wohl nicht erklären.

Denn während die Zahl der Neuinfektionen 2020 um diese Zeit in Deutschland schon längst wieder am Sinken war, könnten wir jetzt (mit etwas Glück) gerade erst das Maximum der aktuellen Welle erreicht haben. Dagegen nehmen die Infektionszahlen in Italien schon seit fünf Wochen ab. Bei dieser Konstellation erscheint für Deutsche ein Italienurlaub unter ähnlichen Bedingungen wie im vergangenen Sommer wohl eher unwahrscheinlich.

 

"Corona-Pass" als Lösung?

Als Ausweg zeichnet sich aktuell der "Grüne Pass" ab, der EU-weit ab 1. Juni geplant ist. In Südtirol gibt es bereits seit 26. April einen „CoronaPass Südtirol“. In beiden Dokumenten werden Impfung, negative Corona-Tests und überstandene Corona-Infektionen verzeichnet, sie erlauben den Zugang zu Veranstaltungen, Gastronomie und freie Fahrt in den Urlaub. Mit dem "Grünen Pass" würde wohl zumindest die Quarantäne im Anschluss an die Einreise nach Italien entfallen – und wenn sich die Infektionszahlen in Italien so weiterentwickeln wie zuletzt, hoffentlich auch die Quarantäne im Anschluss an die Rückkehr nach Deutschland.

Wer heuer im Ausland Urlaub machen will – egal ob mit oder ohne sportliche Aktivitäten – muss daher neben den Infektionszahlen und den Bestmmungen für Hin- und Rückreise auch noch die Entwicklung beim "Grünen Pass" im Auge behalten. Wie die Regelungen im Detail aussehen werden, ist zwar noch nicht ganz klar. Aber es scheint jetzt schon sicher, dass ein Urlaub 2021 wohl komplizierter wird als er es 2020 war – weil die Infektionslage kritischer geworden ist. Und das ist ein Jahr "nach Corona" schon irgendwie ein Armutszeugnis...

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Infektionsrisiko beim Granfondo?

Interessante Ergebnisse liefert eine aktuelle Studie zum Sport draußen. Laut der "Gesellschaft für Aerosolforschung" (die leider keine deutschsprachige Website hat, auf die hier verlinkt werden könnte) gibt es beim kontaktlosen Sport im Freien so gut wie keine Gefahr für Corona-Infektionen. Die Forscher schätzen die für eine Ansteckung nötige Kontaktzeit im Freien auf mindestens 15 Minuten. Derart lange befindet man sich in einem rollenden Granfondo-Feld nie in der Nähe derselben Person, vor allem nicht unter dem Mindestabstand von 1,5 Meter.

Nur in zwei Sonderfällen könnte es nach Einschätzung von mgf etwas kritischer werden: 1. beim Warten auf den Start – dieses Risiko lässt sich durch ausreichende Abstände und Masken-Pflicht in der Startaufstellung reduzieren. 2. bei längerer Fahrt inmitten einer Gruppe, die mehrheitlich infiziert ist – dieses Risiko sollte u.a. durch Tests im Vorfeld zu vermeiden sein. In beiden Fällen können die Veranstalter durch geeignete Regeln das Ansteckungsrisiko verringern. Und natürlich können auch die Teilnehmer selbst durch vernünftiges, kontrolliertes Verhalten (etwa mit der "Regen-Strategie") ihre eigene Sicherheit erhöhen.

Letztlich kommt es auch hier auf das Verhalten, Verantwortungsbewusstsein und den gesunden Menschenverstand aller Beteiligten an. Und was das angeht, fühlte sich der Autor dieser Zeilen beim letzten Radurlaub im September 2020 im Trentino sehr viel wohler und sicherer als nach der Rückkehr in die Heimat...

 

Langfristige Folgen

Am gesunden Menschenverstand scheint es hierzulande auch in der Politik zu fehlen. Anders lässt sich nicht erklären, warum die vielen positiven Aspekte des Sports überhaupt nicht wertgeschätzt, Ergebnisse von wissenschaftlichen Studien ignoriert und der Breitensport im Verein praktisch komplett verboten wird, während Einkaufen und Fahrten in Bussen und Bahnen offenbar als viel weniger riskant angesehen werden. Welche Folgen der staatlich geförderte Bewegungsmangel für unsere Gesellschaft haben könnte, erläuterte der bekannte Sportwissenschaftler Prof. Ingo Froböse am 13.04. im ZDF-Magazin "Frontal 21".

In die gleiche Kerbe schlägt der Chefredakteur des Magazins "RennRad" im Heft 5/2021. David Binnig, der das Magazin immer wieder durch ungewöhnlich treffende und tiefgehende Analysen von Fehlentwicklungen in Sport und Gesellschaft bereichert, zeigt in seinem Leitartikel auf, dass sich der schon seit Jahrzehnten zunehmende Bewegungsmangel in der Coronakrise nur noch weiter verstärkte, mit immensen Folgekosten für unser Gesundheitssystem. Und dass der "Lockdown" der Sportvereine irreparable Schäden für unsere Gesellschaft bedeuten könnte.

Hoffentlich kommt es nicht ganz so schlimm. Wenigstens war hierzulande Individual-Sport immer erlaubt. Und obwohl Gruppenausfahrten leider immer noch nicht zulässig sind: Es ist nicht verboten, andere zum Individualsport zu motivieren. Also rauf auf's Rad, egal ob Ihr heuer noch einen Granfondo fahren wollt oder nicht!

 

 

 

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