Navigation
mondogranfondo.de

 

 

 

m6

 

 

Ein neuer Antrieb für alles? (22.11.25)

Seit sich diese Website zuletzt mit bergtauglichen Antrieben beschäftigte, hat sich einiges getan. Inzwischen sind Übersetzungen serienmäßig verfügbar, die 2020 nur als Spezial-Umbau machbar waren. Außerdem gibt es jetzt sogar schon Rennrad-Getriebe mit zwei Kettenblättern, deren Übersetzungen ohne große Lücken ungefähr den Bereich abdecken, den die letzten Dreifach-Schaltungen vor zehn Jahren konnten – zwei Ritzel mehr machen es möglich.

Im Moment ist eine solche Schaltung allerdings noch eine äußerst exklusive Angelegenheit: Die neue Campagnolo Super Record 13, die öffentlich erstmals im Rahmen der Maratona dles Dolomites zu sehen war, kostet mehr als jedes der kompletten Räder, die sich der Verfasser bisher aufgebaut hat. Aber laut den Campagnolo-Vertretern soll es 13 Ritzel in nicht allzu ferner Zukunft auch für weniger Geld geben.

 

Dieser Beitrag ist eine Fortsetzung des "Superkompakt"-Artikels von 2020. Zumindest eine darin angestellte Spekulation hat sich inzwischen erfüllt: Aktuelle 2x12- und 2x13-Schaltungen bieten nun serienmäßig Übersetzungen, die bei 11-fach nur mit Sonderlösungen möglich waren, zum Beispiel mit einer "Super-Kompakt"-Kurbel.

Abgesehen davon hat der Beitrag von 2020 kaum an Gültigkeit verloren. Im Gegenteil: der erste Teil ist eine Voraussetzung, um das jetztige "Update" besser nachvollziehen zu können. Viele der darin enthaltenen Erläuterungen werden hier nicht nochmals wiederholt, sind zum Verständnis jedoch erforderlich – siehe Spalte rechts. Das Nachlesen des Beitrags von 2020 (zumindest das Nachschlagen dort, falls Fragen auftreten) wird daher vor dem Weiterlesen wärmstens empfohlen.

.

Seit 2020 hat sich bei Rennrad-Schaltungen einiges getan: Nach Rotor und Campagnolo bietet inzwischen auch Sram 13-fach-Antriebe an – allerdings (wie Campa bisher) nur mit einem Kettenblatt und für den Gravel-Bereich. Shimano hat mittlerweile auch 12-fach-Antriebe im Angebot, sogar als Einsteiger-Gruppe 105 – diese bietet u.a. eine 11-36-Kassette, die in Kombination mit einer Superkompakt-Kurbel mit 46+30 Zähnen einen Antrieb ergibt, der das 2020 als brauchbaren Kompromiss angesehene Getriebe (11-fach mit 46+30-Kettenblatt und 11-32 Kassette) um einen Gang nach unten erweitert.

In diesem Update werden daher folgende Antriebe verglichen:

  • Campagnolo 2x13-Antriebe (neu seit Juni 2025),
  • Shimano 2x12 mit 36er Kettenblatt (verfügbar seit 2024),
  • Superkompakt-Kompromiss von 2020 als Referenz,
  • Dreifach-Antriebe, die zeigen, was früher schon mal möglich war.

Einfach-Antriebe werden, auch wenn sie ebenfalls Bergübersetzungen bieten können, hier wegen der zu geringen Bandbreite und der zu großen Gangsprünge nicht betrachtet – siehe Spalte rechts.

.

.

 

m3mgfblog067b01
© 2025 Officina Dario Pegoretti. All rights reserved.

Ein absoluter Hingucker, "Made in Italy": Dieses Pegoretti Elio trägt, ganz in der Tradition der Veroneser Edel-Schmiede, eine äußerst aufwendige und auffällige Lackierung – und die neue Super Record mit 13 Ritzeln. Der Rahmen aus Columbus XCR Edelstahlrohren ist für die Ewigkeit gemacht. Alles "fatto a mano" durch ein junges Team, das das Werk und Erbe des viel zu früh verstorbenen, legendären Rahmenbauers Dario Pegoretti mit derselben Passion fortführt. Eines von vielen schönen Beispielen, wie die unvergleichliche Leidenschaft für das Rennrad im "Belpaese" auch heute noch gelebt wird!

An Cristina herzlichen Dank für die Erlaubnis zur Nutzung der Bilder. Weitere Fotos und mehr Details zu diesem Traumrad gibt es HIER. Vielleicht steht irgendwann wenigstens ein Rad mit dieser schönen Grundfarbe im mgf-Radstall...

 

 

Übersicht der verfügbaren Antriebe

Wie schon 2020 wird zunächst die gebotene Bandbreite der Antriebe betrachtet, diesmal jedoch ergänzt um weitere sinnvolle Daten:
.

mgfblog067b03

Um die verschiedenen Kurbel-/Kassetten-Kombinationen vergleichen zu können, musste das reine Kurbel-Diagramm von 2020 (das für alle Antriebe ein Ritzelpaket mit 11-32 Zähnen verwendete) um ein paar Details erweitert werden. Dadurch hat die Übersichtlichkeit leider etwas gelitten, der Einfluss der Kettenblatt-Größe ist nur noch im ersten Dreier-Block ersichtlich.

 

Erläuterungen zum Antriebs-Diagramm:

  • Die Trittfrequenz von 70 bis 100 U/min (oranger Bereich) orientiert sich an den üblichen Empfehlungen (siehe Beitrag von 2020). Zusätzlich sind 50 bis 70 U/min (roter Bereich, nur für den jeweils kleinsten Gang) angegeben, die die meisten Fahrer nur im Wiegetritt nutzen (sollten). Weniger als 50 U/min zu betrachten, macht aus Sicht der Orthopädie, Biomechanik und Effizienz keinen Sinn. Wer das anders sieht, fährt vermutlich noch heute die Kettenblatt-Kombi 52+42 und wird mit diesem Beitrag nichts anfangen können...
     
  • Die Geschwindigkeitsangaben gelten für den Reifenumfang 2,15 Meter (d.h. 28 mm Reifenbreite), weitere Anmerkungen dazu siehe Beitrag von 2020.
     
  • Die Geschwindigkeiten für den (spätesten) Wechsel zwischen den Blättern sind im Diagramm durch Dreiecke markiert.
     
  • Bei der Bandbreite der Kettenblätter wurden die jeweils zwei (bei Dreifach drei bis vier) "schrägsten" Gänge nicht genutzt. Diese traditionelle Beschränkung macht wegen des erhöhten Kettenschräglaufs immer noch Sinn, auch wenn mancher Hersteller behauptet, seine Kassette sei auf jedem Blatt in ganzer Breite voll nutzbar.
     
  • Als "störende" Gangsprünge (Zahlen im orangen Dreieck) wurden nur Sprünge oberhalb von 20 km/h gezählt, bei denen sich die Trittfrequenz um mehr als 10% ändert und die durch einen überlegten (einmaligen) Kettenblatt-Wechsel nicht zu vermeiden sind. Für die Praxis bedeutet das: Wer länger auf dem großen Blatt bleibt, hat mehr "störende" Gangsprünge als im Diagramm angegeben.
     
  • Die Bandbreite der Antriebe wurde zusätzlich in absoluten km/h angegeben, weil die relativen Prozentangaben (abhängig vom kleinsten Gang) manchmal beeindruckender aussehen als sie sich tatsächlich auswirken.

    .

 

"Wiederholungsfragen"

Die folgenden Inhalte des "Superkompakt"-Beitrags von 2020 sind weiterhin gültig und sollten (zumindest bei Bedarf) nachgelesen werden:

  • Die 2020 verwendeten Leistungskurven wurden unverändert übernommen, das erleichtert den Vergleich aller 2020 und 2025 betrachteten Antriebe. Die Leistungen haben sich zwar in den letzten Jahren etwas nach oben verschoben, aber das ist für das Gros der Rennradler ohne Belang, diese Website wendet sich auch an Leute, die beim Ötztaler außerhalb des Zeitlimits ins Ziel kommen. Die Leistungskurven wurden über die spezifische System-Leistung berechnet, die Berechungen, Vereinfachungen und Gültigkeiten dazu wurden 2020 detailliert beschrieben.
     
  • Für die Zuordnung der eigenen Leistung zu einer der Leistungskurven wird ebenfalls auf den Beitrag von 2020 verwiesen.
     
  • Die Empfehlungen von 2020 zur Auslegung von Rennrad-Antrieben sind weiterhin unverändert gültig.
     
  • Zur Frage nach der "richtigen Trittfrequenz" sind dem Verfasser keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse bekannt. Es wäre auch überraschend, wenn sich an der Biomechanik des menschlichen "Motors" entscheidendes geändert haben sollte.
     
  • Die Abstufung von Ritzel-Kassetten kann in diesem Update leider nicht betrachtet werden (und war auch 2020 nur ein Anhang). Gangsprünge sind auch bei den jetzt neu betrachteten 13-fach-Antrieben noch vorhanden, aber sie sind weniger und kleiner geworden. Wer Abstufungen und Gangsprünge vergleichen will, kann sich am Beispiel von 2020 orientieren. Der Ritzelrechner von Jürgen Berkemeier wurde inzwischen erneut weiterentwickelt und zeigt nun die Gangsprünge direkt in Prozent an (wodurch bei kleinen Übersetzungen leider die Geschwindigkeits- und Trittfrequenzbalken überdeckt werden).
     
  • Bei der Realisierbarkeit der hier dargestellten Antriebsvarianten gilt wie bisher: Aero-Rahmen mit voluminösen Kettenstreben und "Anlötsockel" für den Umwerfer können dessen Position einengen und damit die Montage von kleineren Kettenblättern unmöglich machen.

Wie 2020 gilt: Wer dazu neigt, Wissenschaftler, Trainings-Experten und physikalische Gesetze zu ignorieren (wie das viele Redakteure von Rad-Zeitschriften tun), ist hier falsch. Wer Verbesserungspotentiale ausschöpfen will und ein praxistaugliches, in einem breiten Spektrum einsetzbares Allround-Getriebe sucht, das auch für steile Berge geeignet ist, wird hier eventuell neue Anregungen finden.

 

 

Zur Verfügbarkeit der Antriebs-Varianten:

  • Die weiß hinterlegten Antriebskonfigurationen sind heute serienmäßig verfügbar.
     
  • Insgesamt sind für die neue 2x13-Gruppe derzeit vier Ritzelpakete und sieben (!) Kurbelgarnituren lieferbar. Weil es hier um Berg-Übersetzungen für Normalsterbliche geht, werden nur Kombinationen mit kleinen Gängen betrachtet.
     
  • Die dargestellte 2x13-Kombination mit 44er Ritzel dient nur der Demonstration, was künftig theoretisch möglich wäre – nämlich MTB-Untersetzungen auch beim Rennrad. Schaltwerk und Kassette für 44 Zähne gäbe es bei Campa Ekar, die Kombination mit der 2-fach-Kurbel wird jedoch die Schaltwerkskapazität überfordern. Weil man sehr früh auf's große Blatt schalten müsste, damit die Kette nicht durchhängt, wird von diesem nicht freigegebenen Schaltungsmix abgeraten! Aber vielleicht bringt Campagnolo ja noch ein 13-fach-Schaltwerk mit höherer Kapazität.
     
  • Der 12-fach-Antrieb mit dem kleinsten Gang 30/36 ist als Shimano GRX RX610 verfügbar (oder als Kombination von GRX-Kurbel mit der 12-fach-Gruppe 105). Die Zeitschrift TOUR bezeichnete beide 105/GRX-Kassetten (es gibt auch 11-34 Zähne) als "etwas grob abgestuft." Das liegt vor allem am fehlenden 16er Ritzel, das auch der Verfasser bei der 11fach-Referenz schmerzlich vermisst, während die Sprünge bei Ritzeln mit mehr als 20 Zähnen weniger stören, weil man sie durch geschicktes Wechseln des Kettenblattes vermeiden kann (siehe Kassettenvergleich von 2020).
     
  • Die beiden Dreifach-Antriebe blieben leider absolute Exoten: 3x11 gab es nur von Campagnolo (Athena 2013 bis 2017), allerdings nicht mit den hier dargestellten Kurbeln. Aber weil mechanische 11-fach-Schaltungen weniger empfindlich waren als moderne 12- und 13-fach-Getriebe, konnte man sie mit kleineren 10-fach-Kurbeln kombinieren. Mit der serienmäßigen Athena-Kurbel 52+39+30 hatte man zwar mehr Bandbreite als der erste 2x13-Antrieb im Diagramm, aber am Berg sind die kleineren Kurbeln interessanter.
     
  • Die letzten heute noch existierenden Dreifach-Gruppen werden hier nicht betrachtet. Die qualitativ niedrig angesiedelte Shimano Tiagra gibt es nur als 3x10, diese soll demnächst mit Sora und Claris durch die neuen Cues-Gruppen abgelöst werden, dann wird Dreifach endgültig verschwunden sein. In Kombination mit einer Super-Kompakt-Dreifach-Kurbel wäre die hier dargestellte Bandbreite bei 3x10 zwar theoretisch möglich, aber die Abstufung der 11-32-Kassette wurde von Shimano sehr unglücklich gewählt. Bei dieser MTB-Kassetten fehlen bereits Ritzel mit 13 und 15 Zähnen (bei der 11-34-Kassette fehlt sogar das 12er), von "Fahrbarkeit" am Rennrad ist diese Abstufung leider weit entfernt.
     

 

Bewertung der Antriebs-Varianten:

Gegenüber 2020 hat sich bei den Serien-Getrieben vieles verbessert:

  • Alle hier betrachteten Antriebe bieten einen kleinsten Gang, der kürzer ist als alles, was 2020 serienmäßig verfügbar war. Früher waren kleinere Gänge nur mit sehr kleinen Kettenblättern möglich, heute gehen sie – Dank der größer gewordenen Ritzel – bereits mit 29 oder 30 Zähnen auf dem kleinen Blatt.
     
  • Die zusätzlichen Ritzel können das Gangspektrum nach unten erweitern (mit einer grober gestuften 13-fach-Kassette wäre noch mehr Bandbreite möglich) oder auch die Gangsprünge reduzieren. Die 13-fach-Kassette 10-33 bietet die kleinsten Gangsprünge und trotzdem eine ordentliche Untersetzung.
     
  • Der Überschneidungsbereich zwischen beiden Kettenblättern (und das Fenster für den Blattwechsel) wird bei mehr Ritzeln größer. Durch die zusätzlichen, größeren Ritzel kann man das große Blatt auch noch bei niedrigen, bisher undenkbaren Geschwindigkeiten nutzen. Allerdings lauern auf dem großen Blatt im unteren Geschwindigkeitsbereich größere Gangsprünge. Wer feiner abgestufte Gänge will, muss früher auf's kleine Blatt wechseln – was nervig werden kann, wenn man sich oft im mittleren Geschwindigkeitsbereich zwischen 20 und 35 km/h (im Diagramm grün markiert) bewegt. Bei einem bergigen Granfondo spielt das jedoch keine Rolle.
     
  • Alle Antriebe ermöglichen eine Maximalgeschwindigkeit über 50 km/h (wenn man mit 100 U/min kurbelt). Aus Sicht des Verfassers reicht das für die Mehrheit der Hobbyfahrer aus (da sie nur im Gefälle über 50 km/h erreichen, wo eine aerodynamische Sitzposition meist schneller macht). Die dargestellten Antriebe sollten deshalb die meisten Bedürfnisse abdecken.
     
  • Bei fast allen hier gezeigten 13-fach-Antrieben treten 1:1-Übersetzungen auf. Diese werden von Radplan Delta als "mechanischer Unfug" angesehen. mgf sieht das jedoch nicht so kritisch, solange mit wenig Last gefahren wird – und das wird bei allen hier dargestellten Antrieben der Fall sein, denn 1:1 ist nie der kleinste Gang.
     

Für manchen mögen die Unterschiede zwischen den Kombinationen im obigen Diagramm auf den ersten Blick eher gering wirken, schließlich geht es da "nur" um ein paar km/h. Am Berg jedoch sind diese kleinen Unterschiede entscheidend...

.

.

 

"Einfach" ist zu simpel !

Einfach-Antriebe können zwar ebenfalls Bergübersetzungen bieten, haben für den Einsatz am Rennrad jedoch eine zu geringe Bandbreite und zu große Gangsprünge. Mehr Kettenblätter ermöglichen durch mehr nutzbare Gänge das Pedalieren mit effizienteren Trittfrequenzen und damit unterm Strich eine höhere Leistung. Auch wenn es Einfach-Antriebe gibt, die im Geschwindigkeitsbereich bis 20 km/h einige Berggänge bieten, sind diese für den Normalbetrieb ungeeignet – und selbst bei bergigen Granfondos im Nachteil:

mgfblog067b06
Geschwindigkeits-Trittfrequenz-Diagramm für Einfach-, Zweifach- und Dreifach-Antriebe mit praktisch identischem kleinsten Gang (Die Höchstgeschwindigkeit gilt für 100 U/min auf dem großen Blatt, "störende" Gangsprünge wurden nur oberhalb 20 km/h gezählt).


Der Zweifach-Antrieb bietet im betrachteten unteren Geschwindigkeitsbereich zwei Gänge mehr. Beim Einfach-Antrieb ist die Schwankung der Trittfrequenz um 28 Prozent größer – mit negativen Auswirkungen auf die Dauerleistung.

Über die komplette Bandbreite, also inklusive flacherem Gelände und bergab, haben Einfach-Antriebe massive Nachteile. Zweifach-Antriebe bieten oft bis zu 50% mehr Gänge (bei 2x12 meist 16 bis 18 Gänge ohne Überschneidung). Im oben gezeigten Beispiel hat Zweifach oben raus einen vollen Gang mehr, sowie zwischen 20 und 50 km/h zwei weitere Gänge mehr.

 

 

Leistung am Berg

Wie bereits 2020 dargelegt, zeigen sich die kleinen, am Berg jedoch entscheidenden Unterschiede zwischen den Antrieben am besten, wenn man die Leistung im unteren Geschwindigkeitsbereich für den jeweils kleinsten Gang genauer unter die Lupe nimmt:
.

mgfblog067b04

Für das obige Diagramm gilt prinzipiell dasselbe wie 2020:

  • Die Leistungskurven der Männer im oberen Diagrammteil basieren unverändert auf den Daten des Ötztaler Radmarathons 2018 (Details siehe Beitrag 2020), obwohl es bei dieser Veranstaltung zuletzt erhebliche Leistungssteigerungen gab (siehe rechts).
     
  • Die 70%-Leistungskurve (orange) z.B. beschreibt die Steigung, die 70% der Ötztaler-Finisher mindestens mit der jeweiligen Geschwindigkeit schaffen (30% sind langsamer, aber viele innerhalb der 70% natürlich auch schneller – alle, die sich weiter rechts vom Schnittpunkt mit der Steigungslinie befinden). Die Kurven markieren jeweils die Grenze der Leistungsklassen, wer darüber oder darunter liegt, muss seine Werte mitteln.
     
  • Die Leistungskurven der Frauen unterscheiden sich leicht von denen der Männer, deshalb gibt es wieder ein eigenes Diagramm für Frauen. Die Bandbreite bei den Frauen ist geringer, ebenso wie die Leistung im vorderen Feld, aber die Leistung im hinteren Feld ist etwas höher als bei den Männern!
     
  • Die Darstellung der Trittfrequenzen für die verschiedenen Antriebe erfolgt von 50 bis 70 U/min (rot, gilt nur für den kleinsten Gang) und weiter bis 100 U/min (orange, die weißen Frequenz-Markierungen gelten nur für den kleinsten Gang).
     
  • Zu beachten: Die Darstellung im unteren Diagrammteil gilt für die im Kurbel-Diagramm betrachteten Antriebe (siehe oben) und einen Reifenumfang von 2,15 Meter (siehe Beitrag 2020). Wer andere Ritzelgrößen und Reifenumfänge bewerten will, kann mit dem oberen Diagrammteil arbeiten, muss aber zunächst die sich aus Übersetzung und Triffrequenz ergebende Geschwindigkeit berechnen (z.B. mit kreuzotter.de). Alternativ könnte man auch den kompletten unteren Diagramm-Teil passend zu abweichenden Ritzeln/Reifen skalieren (wie im Beitrag 2020 für Reifenumfänge beschrieben).
    .

.

 

Leistungsexplosion beim Ötztaler !

In den letzten Jahren waren beim Ötztaler Radmarathon erhebliche Steigerungen der Fahrleistungen zu beobachten. Während sich die Leistungen in den Jahren 2014 bis 2022 auf einem relativ stabilen Niveau bewegten, stiegen die Leistungen in den letzten drei Jahre kräftig an. Heute liegt fast jede Leistungsklasse auf dem Niveau der nächsthöheren Klasse von 2018 oder darüber. Bezogen auf das durch Corona verursachte Tief 2021 betrug die Steigerung sogar bis zu 20% in vier Jahren!

mgfblog067b07

Die grafische Darstellung verdeutlicht die unstetige Entwicklung in den einzelnen Leistungsklassen. In der Praxis haben 20% Steigerung gewaltige Auswirkungen: Während der Durchschnitt (50%) mit einer 1:1-Übersetzung bei 70 U/min im Jahr 2021 nur 7,8% Steigung schaffte, erreichte diese Kategorie heuer 9,5%!

mgfblog067b10


Wichtig: Zur besseren Vergleichbarkeit werden im Diagramm links weiterhin die Kurven von 2018 verwendet. Außerdem war die breite Masse der Nicht-Ötztaler-Teilnehmer, für die dieser Beitrag gedacht ist, in den bisherigen Kurven schon unterrepräsentiert. Tatsächlich werden sich viele "Normal-Radler" eher im Bereich der (alten und neuen) 90%-Kurven und darunter bewegen.

Ein direkter Vergleich der Leistungskurven von 2018 (im Diagramm links) und 2025 (am besten in neuem Fenster öffnen) zeigt die krassen Veränderungen – und auch, warum die Weiterverwendung der alten Kurven sinnvoll ist: Das Diagramm mit den alten Leistungsklassen hat im unteren Leistungsbereich eine Kurve mehr, oben eine weniger. Weil man weiterhin seine individuelle passende Kurve erst einmal finden muss, ist das für die Zielgruppe mit der bisherigen, im unteren Bereich feineren Einteilung einfacher. Wer dennoch lieber mit neuen Daten arbeiten will, kann natürlich die Kurven von 2025 verwenden (Frauen-Version HIER). Aber wenn die Entwicklung so weitergeht, sind die neuen Kurven schon bald wieder veraltet und die Suche nach einer passenden Kurve beginnt von vorn...

Zwar gab es früher auch schon Schwankungen (2009 lagen die Leistungen schon mal etwa auf dem Niveau von 2023), aber die jüngste Entwicklung ist eine andere "Hausnummer". Und die Gründe für die Leistungssteigerungen sind unklar. Durch Verbesserungen bei Material und Trainingsmethoden (selbst durch Doping) sind solche Leistungssprünge kaum erklärbar. Man könnte vermuten, dass Ambitionen und Trainingsintensitäten insbesondere bei den Teilnehmern des Ötztalers (der von vielen als "Radmarathon-WM" angesehen wird) in der Breite gestiegen sind. Oder – und das ist die These des Autors – die Leistungssprünge sind Folge der gestiegenen Verfügbarkeit, Akzeptanz und Nutzung von immer kleineren Übersetzungen! Dafür spräche auch die geringere Leistungssteigerung der Frauen, die nach Erfahrung des Verfassers schon bisher weniger auf Profis und deren dicke Gänge fixiert waren, sondern mehr auf den persönlichen Nutzen – und deshalb schon früher kleinere Gänge bevorzugten...

.

 

 

Neue Erkenntnisse

Die Kombination des speziellen Leistungs-Diagramms mit der Darstellung der Kurbel-Bandbreite ermöglicht schnelle und einfache Aussagen, mit welchem Antrieb was möglich ist. Die Erkenntnisse aus den betrachteten Anstiegs-Szenarien sind nicht mehr ganz so schockierend wie 2020:

  • Mit der Kompakt-Untersetzung 34/36 kurbelt der durchschnittliche Ötzi-Finisher ab ca. 8,6% Steigung unterhalb des Limits von 70 U/min (8,6 km/h). Wer bei einem Granfondo auf die von anderen Teilnehmern aufgelegten Gänge achtet, weiß, dass die meisten schon bei 8% Steigung im kleinsten Gang fahren – weil sie keine echten Berggänge (Untersetzungen) haben.
     
  • 50% der Ötztaler-Teilnehmer erreichen an einem 10%-Anstieg maximal 7,4 km/h (Schnittpunkt der grünen 50%-Kurve mit der 10%-Steigungslinie). Um im 10%-Anstieg mit 70 U/min pedallieren zu können, benötigen sie eine Untersetzung von 29/36. Wer mehr leistet, kommt mit einem größeren Gang aus (z.B. mit 34/32 in der 10%-Klasse, siehe Beitrag 2020). Aber wer weniger leistet, braucht eine noch größere Untersetzung (z.B. in der 70%-Klasse bis zu Dreifach 24/32) oder muss mit ineffizient niedriger Frequenz treten (z.B. in der 90%-Klasse mit 60 U/min, wenn 29/36 montiert ist).
     
  • Um an einem 12%-Anstieg mit 70 U/min kurbeln zu können, brauchen auch viele Teilnehmer der 10%-Klasse eine Untersetzung von 32/36 oder 29/33. Die Rechnung im Beitrag 2020 zeigte: Mit einer 1:1 Übersetzung würden das nur die besten fünf Prozent der Ötzi-Finisher schaffen.
     
  • Fahrer, die beim Ötztaler gerade noch in der 10%-Klasse liegen, könnten am Monte Zoncolan (steilste Rampe durchschnittlich 15,4% Steigung auf 5 km) nur mit der Extrem-Kombination 29/44 im effizienten Bereich pedallieren. Mit dieser Untersetzung könnten sie sich sogar an den extrem steilen Scanuppia-Anstieg wagen, der 1,5 km mit mehr als 24% enthält – auch wenn die Frequenz dort auf 50 U/min sinkt und das größte Problem im Abheben des Vorderrads bestehen dürfte...
     
  • Leicht unterdurchschnittliche Ötztaler-Finisher der 30%-Klasse brauchen die kleinste verfügbare Serien-Untersetzung 29/36 (oder 30/36) bereits am Passo del Mortirolo, wenn sie an dessen steilster Rampe (12,8% auf 5 km) mit 60 U/min treten wollen. Mit dem Extrem-Gang 29/44 wären 77 U/min möglich.
     
  • Wer es beim Ötztaler gerade noch in die vorderen 70% schafft und die Muro di Sormano (fast 16% auf 2 km) bezwingen will, benötigt – wenn er 50 U/min als unteres Limit ansetzt – ebenfalls die Extrem-Kombination 29/44. Damit wird auch die steilste Rampe (20% auf 200 m) irgendwie fahrbar, wenn auch längst außerhalb des effizienten Bereichs.
     
  • Mit der Untersetzung 30/36, die laut RoadBike 06/2020 (S. 47) angeblich "reicht, um auch 20-Prozent-Rampen mit Anstand zu bezwingen", wären mit den im Test montierten 40-mm-Reifen tatsächlich für 50 U/min 5,6 km/h erforderlich (wer nicht selbst rechnen will: kreuzotter.de). Aber diese Geschwindigkeit schaffen weniger als 5% der Ötzi-Teilnehmer! Der Ötzi-Durchschnitt kommt mit 30/36 nur bis 13,8 % Steigung auf 50 U/min, an der 20%-Rampe fährt er außerhalb des Diagrammbereichs mit (geschätzt) nur 3,8 km/h (und ineffizienten 35 U/min). Und die breite Masse mit noch weniger Leistung schafft den 20-Prozenter ganz sicher nicht mehr "mit Anstand".
     

 

Neue Empfehlungen trotz unveränderter Physik?

Die schwierige Beziehung der Redakteure von Radzeitschriften zur Physik hat sich seit 2020 kaum geändert – siehe Spalte rechts. Die Redakteure präsentieren zwar die Erkenntnisse der Wissenschaft, empfehlen dann aber selbst für steilste Berge immer nur die jeweils kleinsten Gänge, die die großen Hersteller gerade anbieten. Es gab Zeiten, in denen die kleinste (Shimano-) Kompakt-Übersetzung 34/27 von der Zeitschrift TOUR selbst für den Monte Zoncolan als ausreichend angesehen wurde, obwohl damit an diesem brutalen Anstieg die Trittfrequenz von 90% der Ötztaler-Finisher unter 40 U/min liegt!

Eigentlich müssten die Empfehlungen jetzt – oder zumindest sobald Campagnolo 2x13 auch bei weniger luxuriösen Gruppen anbietet – einmal mehr korrigiert werden, hin zu noch kleineren Gängen. Allerdings wird Campagnolo von den Rad-Zeitschriften inzwischen weitgehend ignoriert (wie z.B. die Existenz der mechanischen 12-fach-Gruppe Chorus in RoadBike 07/2023. Begründet wurde das auf Nachfrage damit, dass "Campa im Konzert der Großen leider keine nennenswerte Rolle mehr" spielt). Die Interessen der beiden noch verbliebenen Massen-Hersteller scheinen wichtiger zu sein als die der "Normal-Radler".

Ebenso ignoriert wurde von den Rad-Zeitschriften traditionell, dass Dreifach-Antriebe schon immer die kleinsten, für die breite Masse am besten geeigneten Berg-Gänge boten (insbesondere, wenn man sie mit kleineren Kurbeln kombiniert). Die Redakteure beriefen sich dabei meist auf falsche technische Begründungen.

.

Das Fazit

Der Trend hin zu immer mehr und größeren Ritzeln am Hinterrad gleicht die negativen Folgen des Trends zu weniger Kettenblättern an der Kurbel inzwischen aus. Kassetten mit 12 Ritzeln boten erstmals serienmäßig echte Zweifach-Untersetzungen im MTB-Bereich, wie sie für steile Berge unabdingbar sind. Mit 13 Ritzeln werden Kassetten mit kleinen Gängen besser fahrbar, die neuen 2x13-Antriebe – die hoffentlich bald günstiger zu haben sein werden – sind die ideellen Nachfolger der heute nicht mehr angebotenen Dreifach-Antriebe.

Derzeit noch Zukunft, aber im Bereich des Möglichen: Mit 2x13 wären sogar noch bergtauglichere Getriebe möglich, wie man sie bei Dreifach einst mit kleineren Kettenblättern realisieren konnte. Allerdings geht das nicht ohne die Hersteller, die ständig komplizierter werdende Technik mit immer schmaleren Ritzeln, filigraneren Ketten und empfindlicheren Komponenten macht individuelle Umbauten leider immer schwieriger.

Nach Überzeugung des Verfassers werden auch Shimano und Sram über kurz oder lang 2x13-Antriebe anbieten (wie bisher jedes Mal, wenn Campa ein Ritzel zulegte). Unabhängig vom Lösungsansatz dürfte der seit vielen Jahren zu beobachtende Trend zu leichteren Gängen noch nicht am Ende angelangt sein. Denn tatsächlich verlieren Passo Mortirolo, Monte Zoncolan und Muro di Sormano für die breite Rennradler-Masse erst mit noch kleineren Berggängen, die durch die jüngste Entwicklung möglich werden, langsam an Schrecken. Künftig können solch extreme Anstiege wohl endlich mit Serien-Antrieben in den Pedalen bewältigt werden.

 

Trennbalken1

Es war einmal: ein Antrieb, der schon fast alles konnte...

Auch wenn schon lange keine brauchbaren Dreifach-Getriebe mehr im Angebot sind, hatte Dreifach eine Reihe von Vorteilen, die diesen Antrieb für den Verfasser zu dem für "Normal-Radler" am besten geeigneten Getriebe machten. Viele der Vorteile wurden von Radzeitschriften früher jedoch immer wieder mal ins Gegenteil verkehrt, ohne die Verdrehung der technischen Fakten begründen zu können.

Bei einem sinnvoll gewählten Dreifach-Antrieb hat man weniger Schaltaufwand als bei Zweifach (wenn man bei Zweifach die größeren Gangsprünge auf dem großen Blatt vermeiden will und deshalb früh das kleine Blatt nutzt). Wie aus der Antriebs-Übersicht ersichtlich, geht bei Dreifach in hügeligem Gelände fast alles auf dem mittleren Blatt (z.B. mit 38 Zähnen von 12 bis über 40 km/h), hier fährt sich Dreifach wie Einfach mit reduzierter Bandbreite (und feinerer Abstufung). Blatt-Wechsel sind nur bei längeren steilen Anstiegen oder schnellen Abfahrten nötig, wenn die Geschwindigkeit das breite Fenster im mittleren Bereich verlässt.

Zum höheren Schaltkomfort bei Dreifach trägt nicht nur weniger Schaltaufwand durch die übersichtlichere Zuordnung der Kettenblätter bei, sondern auch die geringeren Unterschiede bei den Kettenblatt-Zähnezahlen (üblich sind nur 10 oder 12 Zähne Differenz). Bei Dreifach verliefen Kettenblattwechsel reibungsloser als bei Zweifach-Kompakt mit 16 Zähnen Differenz. Außerdem müssen bei Dreifach wegen der geringeren Kettenblatt-Differenzen weniger Ritzel "gegengeschaltet" werden, um in den nächsten passenden Anschluss-Gang zu kommen – auch dies trägt zu mehr Schaltkomfort bei.

Ein Dreifach-Antrieb lässt sich prinzipbedingt mit weniger Kettenschräglauf und damit verschleißärmer fahren (weil jedes Kettenblatt weniger Ritzel abdecken muss). Auch hier wurde gerne das Gegenteil behauptet, aber wer nachrechnet, kommt zu einem anderen Ergebnis (insbesondere, wenn die Kettenlinie stimmt, was leider nicht bei allen Dreifach-Antrieben der Fall war). Wer sich bei Dreifach auf Schaltfenster in der Größenordnung von Zweifach beschränkt (obwohl Dreifach prinzipbedingt breitere Fenster zulässt), kann den Kettenschräglauf gegenüber Zweifach bis zu 25% reduzieren. Außerdem fährt man bei einem bergtauglichen Zweifach-Antrieb im mittleren Geschwindigkeitsbereich (von 20 bis 35 km/h) zwangsweise "schrägere" Gänge, egal auf welchem Blatt.

Das Mehrgewicht von Dreifach wurde früher meist als gravierender Nachteil genannt (bei gleichzeitigem Ignorieren der Vorteile der kleineren Berggänge). Dabei betrug der Nachteil in den meisten Fällen lediglich 150 Gramm – eine Differenz, über die bei Rahmen hinweggesehen wurde und wird. Die (geringe) Bedeutung von solchen "Gewichtsnachteilen" am Berg wurde bereits 2017 beleuchtet. Scheibenbremsen und elektronische Schaltungen haben heute einen viel größeren Gewichtsnachteil, was zu Rad-Gesamtgewichten führte, die bis vor wenigen Jahren als indiskutabel galten. Obwohl dem massiveren Mehrgewicht kein echter Vorteil gegenübersteht, ist bei diesen Komponenten das Gewicht merkwürdigerweise kein Thema mehr...

Als einziger echter Nachteil von Dreifach ist der größere "Q-Faktor" (seitlicher Abstand zwischen den Pedal-Anlageflächen) zu nennen. Zweifach fühlt sich hier im direkten Vergleich tatsächlich besser an. Aber wenn man daran gewöhnt ist, spielt dieses Detail im Vergleich zu den vielen Vorteilen kaum eine Rolle. Generationen von Mountainbikern fuhren mit noch größeren Q-Faktoren, ohne zu verkrüppeln.

Als größter Vorteil von Dreifach-Antrieben, den selbst 2x13 noch nicht ganz erreicht, bleibt die große Bandbreite bei gleichzeitig relativ fein gestuften Gängen. Sein persönliches "Erweckungserlebnis" verdankt der Verfasser dem Passo Mortirolo: Für dessen Erstbefahrung im Rahmen des Giro 2004, auf der klassischen Variante von Mazzo, war nur ein MTB verfügbar. Mit der Untersetzung 22/30 (etwas kleiner als 24/32 im Diagramm links) war der gefürchtete Anstieg überraschend locker fahrbar, gleichzeitig war der Autor schneller als viele Rennradler. Die nächste Mortirolo-Bezwingung beim Giro 2006 brachte dann die Ernüchterung: Mit 30/28 am Rennrad war der Anstieg trotz besserer Form und über zwei Kilo weniger Systemgewicht eine brutale Schinderei. Seither besteht für den Verfasser kein Zweifel mehr: Am Berg entscheiden weniger Gewicht und Tagesform, sondern vor allem die Übersetzung! Und da bot Dreifach immer die besseren Möglichkeiten.

Natürlich sind die obigen Fakten heute nicht mehr relevant, denn "der Markt" hat die Frage nach der Kettenblattzahl schon vor rund zehn Jahren entschieden. Schade, dass sich die Mehrheit der Hobby-Radler, beeinflusst durch Einsparungswünsche der Hersteller und Falschinformationen der Zeitschriften, gegen die für sie eigentlich sinnvollste Antriebsvariante entschieden hat.

Wenn Radzeitschriften nicht seit Jahrzehnten Technik-Lügen verbreitet und Märchen über die Leistungen von Hobby-Radlern erzählt, sowie letztere nicht nur Profi-Technik bevorzugt hätten, sähe die Antriebswelt heute vielleicht anders aus. Aber die technisch sinnvollste Lösung ist leider nicht immer erfolgreich. Trotz intensiver Beratung durch den Verfasser entschied sich ein Rennrad-Einsteiger einst (als es Dreifach noch gab) für einen Kompakt-Antrieb mit 36/27 als kleinstem Gang. Nach den ersten richtigen (und vorzeitig abgebrochenen) Bergtouren rüsteten wir den Antrieb dann teuer um, auf die kleinste machbare Übersetzung 34/34...

Nach Überzeugung des Verfassers wäre ein 3x11-Antrieb auf aktuellem Stand der Technik heute zwar immer noch die beste, flexibelste, günstigste und nachhaltigste Lösung für die breite, leistungsschwache Masse. Aber wenn man Campagnolo glauben darf, wird es in absehbarer Zeit einen (etwas) günstigeren 2x13-Antrieb geben – und diese moderne Dreifach-Alternative ist sogar "Made in Europe"!

.

Trennbalken3

Die "Operation Ötztaler"

2023 begleitete die TOUR den Hobbyfahrer Joe Ramming bei der "Operation Ötztaler" und stellte im Vorfeld fest: "Es gibt keine zu leichten Gänge. Eine 1:1-Übersetzung... sollte es mindestens sein, auch eine Untersetzung... ist je nach Leistung sinnvoll... Joe fährt 50/34 auf 11–34, damit kann er bei 60 km/h noch locker mittreten" (d.h. in diesem Fall mit gut 100 U/min).

Redakteur Robert Kühnen, der auch die "Operation Ötztaler" betreute, empfahl im "Spezial Bergfahren" im selben Jahr u.a.: "Die optimale Trittfrequenz liegt 10 bis 15 Umdrehungen pro Minute niedriger als in der Ebene. 80–85 U/min anzustreben, ist ein gutes Ziel" – ganz im Einklang mit der Sportwissenschaft.

Nach dem Rennen erklärte Joe Ramming, nach Plan-Wattzahlen und am Jaufen "nicht auf der letzten Rille gefahren" zu sein. Tatsächlich war seine Zeit dort (an der 55%-Marke) jedoch schneller als seine Gesamtplatzierung (65%) vermuten ließ. Das bestätigt seinen Eindruck, dass viele Teilnehmer schneller gestartet waren und er in der zweiten Hälfte aufholte. Joes Schnitt am Jaufen betrug 10,6 km/h, damit konnte er genau im empfohlenen Bereich von 80–85 U/min kurbeln, die 1:1-Übersetzung war für diesen Pass tatsächlich die richtige Wahl. Joes starker Endspurt wird durch seine Timmelsjoch-Zeit belegt, die an der 46%-Marke lag!

An steileren Anstiegen reicht 1:1 für Joe jedoch nicht aus – was das Leistungs-Diagramm von 2020 zeigt: Mit einer Leistung wie am Jaufen (zwischen den 50%- und 30%-Kurven, die Verschiebung ist Folge der Leistungssteigerungen der letzten Jahre, siehe oben) hätte er an den 10%-Rampen des Timmelsjochs mit 34/34 (= 32/32) nur 60 U/min geschafft, an der steilsten Rampe des Kühtai (1 km mit 12,8 %) nicht einmal 50 U/min, beides ist jenseits des effektiven Bereichs. Eine höhere Trittfrequenz war nur möglich, wenn Joe hier "auf der letzten Rille fuhr" (TOUR nannte leider keine Leistungsdaten, seine Timmelsjoch-Zeit lässt vermuten, dass er in der Hitzeschlacht längere Pausen einlegte). Mit den Untersetzungen der neuen 2x12- und 2x13-Antriebe hätte Joe gleichmäßiger fahren und sicherlich eine bessere Gesamt-Platzierung erreichen können.

 

 

 

m5

 

 

(zurück) zur Startseite

Navigation

 

© Siegfried Leinfelder 2025

Impressum / Datenschutz

 

Navigation