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Lotterie oder Wildcard? (10.12.17)

Bei einigen beliebten Granfondos - Maratona dles Dolomites, Ötztaler Radmarathon und L'Eroica - gibt es so viel Andrang auf die Startplätze, dass diese in einer Lotterie verlost werden. Der bei anderen großen Veranstaltungen - z.B. dem Granfondo Nove Colli - übliche Stress bei der Online-Anmeldung (die meist mitten in der Nacht startet und oft innerhalb von Stunden oder gar Minuten geschlossen ist) wird dann ersetzt durch das Warten auf die Verlosung.

Eine Verlosung erscheint mgf grundsätzlich gerechter als ein Zwang zur Hochgeschwindigkeits-Online-Anmeldung, denn letztere schließt alle von der Veranstaltung aus, die keine Möglichkeit zur Online-Bezahlung haben oder diese aus Sicherheitsgründen ablehnen. Bei einer Verlosung hat dagegen jeder eine Chance, auch wenn diese manchmal gering ausfällt.

Bei der Maratona 2018 z.B. lag die Chance auf Losglück bei nur 21 Prozent, siehe Auswertung in Spalte rechts. Wem diese Chance zu gering ist, der hat auch andere Möglichkeiten, bei Granfondos mit Verlosung an einen Startplatz zu kommen. Diese sind zwar mit Mehrkosten verbunden, aber dafür hat man meist weniger Stress und genießt die eine oder andere Extra-Leistung...

 

Anmeldung über Hotelpaket/Reiseveranstalter

Alle Veranstalter, die Startplätze verlosen, bieten alternativ auch eine Startplatzgarantie im Paket mit einer Hotelbuchung an. Die Buchung ist jedoch nur über offiziell autoriserte Reiseveranstalter möglich, Links finden sich auf den www-Seiten der Veranstaltung (oder über eine Suchmaschine).

Die Preise für die Hotelzimmer sind zwar sicher etwas höher als bei separater Buchung, aber bei den italienischen Veranstaltungen noch einigermaßen fair - auch wenn mit ca. 100 Euro pro Nacht und Person für 3-Sterne-Halbpension im Zielort Corvara (bei mindestens vier Tagen Aufenthalt) für manchen die Schmerzgrenze sicher schon überschritten ist. Beim Ötztaler dagegen gibt es eine Startplatzgarantie offenbar nur in Verbindung mit einem zusätzlichen Trainingscamp, was die Alternative Hotelpaket insgesamt verteuert.

Bei der Bewertung von Kosten und Nutzen muss selbstverständlich das Gesamtpaket betrachtet werden, das manchmal interessante Extras enthält. Eine zum Veranstaltungs-Trikot passende Radhose könnte man sich auch selbst kaufen. Aber bei der Maratona kann man sich mit einem Hotelpaket auch in ein vordere Startgruppe einkaufen, in der man normalerweise, mangels Leistung, keine Startberechtigung hätte. Dieses Privileg verbindet mancher vermutlich gerne mit einer Woche Radeln in Südtirol. Den Rundum-Sorglos-Service, bei dem das Starter-Paket direkt ins Hotel geliefert wurde, gibt es bei den italienischen Veranstaltungen inzwischen leider nicht mehr (offenbar gab es zuviel Missbrauch durch inoffiziellen Startplatz-Tausch).

Von den Hotelpaketen sollen natürlich vor allem die örtlichen Hoteliers profitieren. Schließlich versetzt ein so großer Granfondo einen ganzen Ort oder ein ganzes Tal für ein Wochenende in den Ausnahmezustand. Da ist der Wunsch nach einem längeren Aufenthalt der Teilnehmer verständlich. Wie man es nicht machen sollte, zeigt ein Beispiel vom Anfang der 2000er Jahre: Nach zwei Jahren Abwesenheit von der Maratona und steigenden Starterzahlen war es für die MSG Lindau schwierig, wie früher in Corvara unterzukommen. Zum Glück fand sich für die komplette Mannschaft ein Hotel in Colfosco, nur ca. drei Kilometer vom Ziel entfernt. Aber nachdem entgegen der Absprache zwei Jahre nacheinander die Hälfte der Mannschaftsstarter bereits am Sonntag abend, direkt nach der Maratona, abgereist war, zeigte der Hotelier im dritten Jahr verständlicherweise kein weiteres Interesse an einer Buchung...

 

Kauf eines Wohltätigkeits-Startplatzes

Diese Möglichkeit gibt es nur bei den italienischen Veranstaltungen. Auch nach der Verlosung kann man hier noch einen Startplatz ergattern, wenn man einen Aufschlag bezahlt, der wohltätigen Zwecken zugute kommt. Der Aufpreis beginnt bei rund 100%, kann aber auch rund das Zehnfache betragen. Bei der Maratona genießen die "Crystal"-Wohltäter dafür u.a. das Privileg, in der ersten Startgruppe neben den "Profis" stehen zu dürfen. Andere kaufen sich stattdesen lieber ein neues Rad...

In der Gesamtrechnung kann ein einfacher Wohltätigkeits-Startplatz trotzdem eine gute Lösung sein. Wer keine vier Tage bleiben möchte oder kann, kommt in Summe vermutlich günstiger weg als bei einem Hotelpaket - und kann, anders als beim Hotelpaket, noch die Verlosung abwarten. Allerdings wird aufgrund dieser Rechnung der Andrang bei den Wohltätigkeits-Startplätzen wohl auch entsprechend groß sein.

 

Startplatz-Tausch

In Internet-Foren oder klassischen Anzeigen finden sich manchmal Anfragen oder Angebote für einen Startplatz-Tausch (oder besser: für eine Ummeldung auf andere Teilnehmer). Wer eins dieser Angebote nutzen möchte, muss vermutlich ebenso schnell sein wie bei mancher Online-Anmeldung. Außerdem zu beachten: bei einer Ummeldung auf einen anderen Namen gelten teilweise strenge Regeln. Und es fallen Kosten an, die normalerweise vom Ersatzfahrer zu tragen sind.

Beim Ötztaler gibt es (anders als bei der Maratona, wo 5% der für 2017 Startberechtigten diese Option nutzten) keine Möglichkeit, bei einer Startverhinderung auf das nächste Jahr umzubuchen. Aber immerhin erhält man bei einer frühzeitigen Stornierung den größten Teil des Nenngeldes zurück. Beim Ötztaler ist eine Stornierung daher die einfachste Lösung, wer den Startplatz weitergibt, spart nur 10 Euro. Das ist nicht unbedingt ein Anreiz zum Startplatz-Tausch. Aber in Sölden werden auch jedes Jahr mehr Teilnehmer ausgelost, als das offizielle Teilnehmerlimit beträgt...

 

Fazit und Empfehlung von mgf: Wenn man die Teilnahme an einem der begehrtesten Granfondos als besonderes Ereignis sieht und dafür ein paar zusätzliche Tage Urlaub einplant, ist die Anmeldung über ein Hotelpaket eine geeignete Lösung. Die etwas höheren Kosten sind in einem solchen Ausnahmefall sicher zu verschmerzen. Und man kann alles in einem Aufwasch erledigen, ohne doppelten Stress zu haben - bei der Anmeldung und bei der Hotelbuchung.

Auch wenn es mancher Pessimist bestimmt anzweifelt, scheint eins sicher: Bei den Verlosungen geht es wirklich fair zu, zumal sie unter Aufsicht eines Notars erfolgen. Z.B. ist mgf ein Teilnehmer bekannt, der sich - zum ersten Mal überhaupt - für die Maratona dles Dolomites 2018 angemeldet und gleich bei der Premiere das große Los gezogen hat! Offenbar liegt es wirklich nur am Glück.

 

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Für die Maratona dles Dolomites gab es 2018 laut den offiziellen Anmeldelisten 29.692 Registrierungen. Von den insgesamt 9.000 Startplätzen waren 3.507 bereits fest vergeben. Die übrigen 5.493 wurden unter 26.185 Anmeldungen ausgelost - die Chance in der Verlosung lag mit 21% etwas höher als im Vorjahr, bei damals noch (laut Pressemitteilung) 33.500 Voranmeldungen. Eine Analyse der Anmeldelisten ergibt ein paar interessante Details...

  • Relativ hoch erscheint der Anteil an Ummeldungen: 5% der Startplätze waren reserviert für Leute, die 2017 startberechtigt, aber verhindert waren und sich rechtzeitig abgemeldet hatten.
     
  • Die Zahl der über Hotel-Pakete verkauften Startplätze lag bei rund 1.500 - das sind 16,6 % der Startplätze, bei diesem Anteil kann man dem Veranstalter und den örtlichen Hoteliers keine besondere Raffgier vorwerfen.
     
  • Gleiches gilt für den Anteil der vom Veranstalter nach eigenem Ermessen vergebenen Startplätze: Dieser beträgt maximal 13% bzw. 1.200 Starter (möglicherweise verstecken sich in dieser Zahl auch noch nicht verkaufte Hotel-Pakete), davon sind 386 - also fast ein Drittel - Wohltätigkeits-Startplätze, deren teils erheblicher Aufpreis einem guten Zweck zukommt. Und auch der eine oder andere Pechvogel aus der Verlosung rückt eventuell noch über diesen Block nach...
     
  • Laut der Startliste vom 17.11.17 hatte die Siegermannschaft von 2017 kein Losglück, ebenso wie die in der Mannschaftswertung 2017 auf Rang zwei bis vier plazierten Teams! Dennoch waren in den vergangenen Jahren die in der Mannschaftswertung des Vorjahres vorne plazierten Teams immer am Start. Eventuell lässt der Veranstalter Top-Teams noch über den Einladungs-Block nachrücken (wenn genug Plätze frei sind), so dass es, unabhängig vom Losglück, eine Gelegenheit zur Titelverteidigung bzw. Revanche gibt?
     
  • Sehr interessant ist der Anteil der "Fidelty Members" (treue Teilnehmer, die bereits an mindestens 12 Auflagen der Maratona teilgenommen und diese beendet haben) an den Mannschaften: Bei dem im www formierten Team "Liberalitas Bavarica" sind nur 1,1 bis 2,3% der 174 Angemeldeten "fidel", beim tradionell aufgestellten Radteam Aichach (151 Anmeldungen) liegt der Anteil zwischen 24 und 29 Prozent - das Rekord-Siegerteam stellt damit 11% aller "Fidelty Members"!
     
  • Von "Fidelty Members" wurden insgesamt 327 Startplätze belegt (ohne eventuelle Umbuchungen), diesen Anteil hätte mgf höher geschätzt. 3,6 Prozent sind eine Zahl, bei der keine Gewissensbisse wegen des Privilegs der Startplatzgarantie aufkommen. Zumal der Kreis der "Fidelty Member" inzwischen eine geschlossene Gesellschaft ist (da sich die Zahl der geforderten Teilnahmen jedes Jahr um 1 erhöht). Schön, dass die Veranstalter ihre treuesten Fans so belohnen!

Insgesamt betrachtet erscheint die von den Veranstaltern der Maratona gewählte Aufteilung der Startplätze ziemlich fair und gerecht. Die von mancher Seite - z.B. im Magazin TOUR - immer wieder geäußerte Kritik an der Zahl der verlosten Plätze (nach deren Meinung zu gering) ist für mgf nicht nachvollziehbar. Vor allem, wenn man die absoluten Zahlen vergleicht:

Die bei der Maratona ausgelosten 5.493 Startplätze sind 37% mehr, als der Ötztaler Radmarathon überhaupt an Plätzen vorsieht (wovon auch bis zu 10% über Hotelpakete verkauft werden) und fast so viele, wie Engadiner Radmarathon, Alpen-Challenge und Dreiländer-Giro zusammen an den Start lassen. Dass die Erfolgschance in der Verlosung heuer nur 21% betrug, liegt einfach an dem riesigen Interesse an dieser Veranstaltung.

In den Dolomiten tun sie ihr Bestes, um einer Höchstzahl von Teilnehmern einen traumhaften Granfondo zu bieten. Bei 2.000 Startern weniger wäre das Erlebnis exklusiver, weniger stressig und mit einem Startgeld in Ötztaler-Höhe sicher auch finanzierbar. Aber dann läge die Chance in der Verlosung bei nur noch 13 Prozent. Die Entscheidung, die maximale Starterzahl auszureizen, war sicher keine leichte.

Und die Maratona-Veranstalter versuchen, das Verfahren noch fairer zu machen: Aktuell läuft wieder mal eine Online-Umfrage, ob Anmelder mit mehrfachem Lospech eine Startplatzgarantie erhalten sollen. Das letzte Mal fiel die Abstimmung zwar negativ aus, aber beim Ötztaler wird so eine Frage gar nicht erst gestellt. Kann man einem Veranstalter vorwerfen, dass er offenbar alles richtig macht und damit seinen Granfondo zu einer der (oder gar zur) besten und begehrtesten Radveranstaltungen in Europa gemacht hat? Wohl kaum!

Nachtrag 29.10.18: Die Online-Umfrage fiel zugunsten der Startplatzgarantie für Los-Pechvögel aus, die Teilnahmebedingungen für 2019 wurden erweitert: "In die Startliste werden noch Vorangemeldete aufgenommen, die sich für 2019 vorangemeldet haben ohne ausgelost zu werden und die in den letzten fünf Jahren in der Voranmeldeliste erschienen, jedoch nicht in der Liste der Ausgelosten und in der Teilnehmerliste." Nicht recherchiert hat mgf, ob die Nachrücker zusätzlich zu den "ungefähr 9.000 Anmeldungen" angenommen werden oder von den Losen abgehen. Vermutlich dürfte letzteres zutreffen, denn mit der neuen Regel wurde quasi ein Losglück in Höhe von 17% fixiert, das nur knapp unter der realen Chance von 21% liegt - wenn das nicht gerecht ist!

 

 

 

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